Diesen Fragen widmete sich der dritte Tag der Inner Development Days (IDD) am 7. November 2024, der für die Zielgruppe der Hochschuldozent*innen in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule Darmstadt stattfand und von der Gastgeberin, Prof. Antje Miksch, eröffnet wurde.
Überforderung und Gemeinschaft: Ein paradoxes Miteinander
„Manchmal fühlt man sich überwältigt von oder gar ohnmächtig mit der Frage: Was kann ich tun?“ – ergänzte Dr. Nina Bürklin, Geschäftsführerin des AVE Instituts, in ihrer Begrüßung. „Das Schöne ist, wie ihr seht – wir sind nicht alleine“, sagte sie mit Blick auf die rund 30 Teilnehmenden, die sich zum gemeinsamen Austausch eingefunden hatten. Die Stimmung war geprägt von einer Mischung aus Nachdenklichkeit und Aufbruch.
Mit ihrer poetischen Performance sorgte Mali Carillo, Deutsche U20 Meisterin im Poetry Slam 2024, für einen nachdenklichen Einstieg: „Wenn du stolperst, ist das nicht der falsche Weg, es zeigt dir nur, dass du ihn gehst.“ Ihre Worte über „Hamsterrad-Arbeit“ und die „Ibuprofen-Gesellschaft“ trafen einen Nerv: Viele nickten zustimmend und applaudierten Carillos Poetry Slam.
Ihr Fazit: „Träume haben Zeit, so viel man ihnen gibt, und Arbeit gibt Energie, wenn man sie liebt.“
Ein Framework, das zum Umdenken und Handeln inspiriert
Anschließend stellten Diana Seyfarth und Tobias Blank von der TU Darmstadt das Konzept der Inner Development Goals (IDG) vor. Diese basieren auf fünf Kategorien von Fähigkeiten – Sein, Denken, Beziehung, Zusammenarbeit und Handeln – die Menschen zu einem nachhaltigeren Lebensstil befähigen sollen.
In Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden, welche Skills für ihren Hochschulalltag am wichtigsten sind. Besonders eindrücklich war eine Gruppe, die ihren Pitch mit einem „Vertrauensfall“ einleitete, ganz ohne Worte: Eine Person ließ sich rückwärts in die Arme ihrer Kolleg*innen fallen und erklärte anschließend: „Ohne Vertrauen können wir nicht handeln.“
Danach sollte jede Person einen Zettel an die Fähigkeit heften, die sie für ihre persönliche Berufung als am wichtigsten erachtet. Das Ergebnis: Auffallend wenige Zettel für die Kategorie „Denken und kognitive Fähigkeiten“. Stattdessen wurde die Bedeutung von Empathie und Achtsamkeit hervorgehoben.
„Wir haben im Hochschulbetrieb schon viele kognitive Fähigkeiten. Was fehlt, ist oft das Zuhören und die wertschätzende Kommunikation“, reflektierte eine Gruppe.
Stille, die verbindet: Dyaden und Atemmeditation
„Pausen sind auch eine Form von Achtsamkeit“, erklärte Hubert Ostermaier, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena und Mitglied der Plattform „Achtsame Hochschulen“, bevor er die Teilnehmenden zu einer Dyaden-Übung einlud. Dabei saßen sich je zwei Personen gegenüber – eine Person sprach zwei Minuten lang, die andere hörte zu, bevor die Rollen getauscht wurden. Danach gab es Raum für einen freien Dialog.
Die Übung war für viele eine Herausforderung. „Das Schweigen war schwer“, gestand ein Teilnehmer, während andere die Klarheit lobten, die durch das bewusste Zuhören entstand.
„Ich musste mich nicht fragen, wie ich reagieren soll – ich konnte einfach sein“, erklärte eine Teilnehmerin und wirkte dabei sichtlich erleichtert.
Zwischen den Workshops leitete Carsten Zahout-Heil, Professor für Elektrotechnik an der Hochschule Darmstadt, eine Atemmeditation an, bei der die Aufmerksamkeit auf die Atmung gelenkt wurde. „Nach den zehn Minuten fühle ich mich einfach gut“, sagte eine Teilnehmerin. Sie habe vorher gezweifelt, ob sie überhaupt kommen solle.
Wenn Achtsamkeit Veränderung stiftet
Die Inner Development Days boten nicht nur Werkzeuge für den Hochschulalltag, sondern öffneten auch den Raum für neue Perspektiven, Austausch und Bestärkung. Drei Erkenntnisse bleiben nach diesem Tag besonders präsent:
- Gemeinschaft entlastet: Viele Teilnehmende fanden Trost und Stärke in der Erkenntnis, dass sie mit ihren Herausforderungen nicht allein sind.
- Vertrauen ist zentral: Ob in der Lehre oder im persönlichen Wachstum – ohne Vertrauen bleibt alles Theorie.
- Achtsamkeit ist mehr als eine Pause: Sie verändert, wie wir handeln und mit anderen umgehen.
Als die Veranstaltung nach vier Stunden offiziell endete, blieben viele noch für Gespräche und kleine Snacks. Der Tag zeigte: Achtsamkeit kann Brücken bauen – zwischen Menschen, Ideen und der eigenen inneren Balance.
Text: Arne Herrmann