„Das funktioniert tatsächlich!“ – Warum Achtsamkeit für Lehrkräfte so wichtig ist
Nach der Begrüßung durch Dr. Nina Bürklin, Geschäftsführerin des AVE Instituts, betrat Johanna Schubert, Gewinnerin des U20-Hessenslam 2023″, die Bühne. Ihre Spoken Word Poetry Performance, die ursprünglich für Schüler*innen gedacht war, ließ die Anwesenden dennoch spüren: Diese Worte treffen auch die Herausforderungen des Lehrberufs.
„Und natürlich ist das nicht so oder zumindest ist es Ansichtssache. Eine Sache des Blickwinkels. Da sind 180 Grad insgesamt in einem Dreieck, aufgeteilt auf drei Winkel. Die Möglichkeiten sind unendlich.
Aus einem anderen Winkel sind wir klitzeklein, wie Staubkörner, die sich immer wieder neu im Raum arrangieren, zusammenfinden und auseinandergetrieben werden und manchmal, wenn die Sonne gut steht, sieht es ein bisschen aus, als würde Glitzer im Raum tanzen.
Aus einem anderen Winkel sind wir riesengroße Wesen mit Bedürfnissen und Zielen, die sich zwischen kaum erträumbar und „magst du mal mit mir einen Kaffee trinken gehen?“ bewegen.
Und auch, wenn es sich vielleicht gerade nicht danach anfühlt. Da sind noch so viele andere Staubkörner, so viele andere Wesen.“
Mit Zeilen über Überforderung, Einsamkeit und die Kraft der Gemeinschaft zeigte sie, dass Achtsamkeit nicht nur ein Werkzeug, sondern eine Haltung sein kann und wie wichtig und kraftspendend die Aspekte Gemeinschaft und Verbundenheit dabei sind.
„Das ist genauso wichtig für Lehrende wie für die Jugendlichen“, betonte Johanna, deren Performance vielen Teilnehmenden noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Was macht ein Event erfolgreich? Wenn die Gäste es aktiv mitgestalten
Obwohl weniger Teilnehmende als erwartet gekommen waren, entwickelte sich eine besondere Dynamik bei dem Lehrkräfte-Event der Inner Development Days (IDD). Demokratisch per Handzeichen wurde abgestimmt, welche Workshops im kleineren Kreis stattfinden sollten.
„Es kommt nicht auf die Menge an, sondern auf das Gefühl von Verbundenheit“, so das Fazit einer Teilnehmerin.
Die Themen waren vielfältig: vom Spagat zwischen Arbeit und Selbstverwirklichung (Manja Lietzke-Fischer und Anna Maria Klose) über die Förderung von Freude im (Schul-)Leben (Melanie Roling) bis hin zu praktischen Ansätzen wie Qi Gong (Christiane Kuhlmann) und einer praktischen Anleitung zu mehr Selbstmitgefühl (Sonja Richter). Besonders beeindruckend war die Verbindung von Praxis und Reflexion. In kurzen Momenten des Innehaltens, eingeleitet durch den sanften Klang einer Klangschale, nahmen sich die Teilnehmenden Zeit, einfach nur zu sein.
In einem der Workshops erzählte eine Teilnehmerin, dass sie manchmal Angst habe, ihre Gefühle zu zeigen. „Ich hoffe, ich zeige nicht zu viel“, sagte sie. Doch im Austausch erlebte sie, wie hilfreich genau diese Offenheit sein kann. Ein begeisterter Ausruf aus einem anderen Workshop: „Das funktioniert tatsächlich!“ Ein Satz, der die positive Energie und die Begeisterung der Teilnehmenden auf den Punkt brachte.
Kleine Momente, große Wirkung: Was bleibt, wenn die Workshops enden?
„Es beginnt immer mit der inneren Haltung“, berichtet Sonja Richter in ihrem Duo-Talk mit Melanie Roling, beide Absolvent*innen der AVE-Weiterbildung für achtsamkeitsbasierte Lehrer*innenbildung. Und Melanie Roling ergänzt: „Es muss nicht immer eine klassische Achtsamkeitsübung sein, manchmal reicht schon die Einladung zu einem kurzen, aber bewussten Dialog mit dem Partner in der Aufwärmphase des Sportunterrichts, bevor alle mit mehr Klarheit und Konzentration in die Stunde starten.“
Das Lehrkräfte-Event der IDD endete nicht einfach mit dem Abschluss der Workshops. Stattdessen gab es eine bewusste Phase der Reflexion: Die IDwave – eine große Installation mit Filz in Wellenform – diente bei allen Einzel-Events dazu, Impulse farbig zu sammeln. Diese Visualisierung machte deutlich, wie vielfältig die Erfahrungen der unterschiedlichen Zielgruppen der Einzel-Events waren – und wie ähnlich gleichzeitig die Wünsche nach mehr Selbstfürsorge, Gemeinschaft und einem bewussten Umgang miteinander klangen.
„Innere Entwicklung ist ein Riesenthema, und vieles wurde angerissen“, resümierte eine Lehrerin. „Jetzt geht’s darum, was man selbst daraus macht.“
Ihre Worte fassen das Ziel der IDD treffend zusammen: nicht fertige Lösungen zu liefern, sondern einen Raum zu schaffen, in dem Neues gedacht und ausprobiert werden kann.
Vom Innehalten zum Umdenken: Drei Botschaften für den Alltag
Die Inner Development Days haben eines deutlich gemacht: Innere Entwicklung ist kein Schlagwort, sondern ein Schlüssel, um persönliche und berufliche Herausforderungen besser zu meistern. Drei Kernbotschaften nehmen die Teilnehmenden mit:
- (Selbst-)Mitgefühl ist ein wichtiger Startpunkt: Nur wer gut für sich sorgt, kann langfristig auch gut für andere da sein.
- Gemeinschaft macht stark: In der Gruppe entstehen Perspektiven, die alleine oft verborgen bleiben und einen neuen Blick auf Dinge bringen.
- Kleine Veränderungen zählen: Schon ein Moment der Stille, ein Atemzug oder ein bewusstes Gespräch können den Alltag bereichern.
Für die Lehrkräfte bot der Tag nicht nur Inspiration, sondern auch konkrete Ansätze, wie Achtsamkeit in den Schulalltag integriert werden kann. Mit Programmen wie der Weiterbildung für achtsamkeitsbasierte Lehrer*innenbildung und drei mit Expertinnen konzipierten Online-Selbstlernkursen bietet das AVE Institut langfristige Unterstützung – eine Einladung, den Weg auch nach den IDD weiter zu gehen.
Text: Arne Herrmann