„Was wäre, wenn wir fünf Experten, drei Institutionen und ein großes Publikum zusammenbringen könnten, um gemeinsam Handlungsimpulse für Zuversicht zu entwickeln? Was würde passieren, wenn fachlicher Input auf Achtsamkeitspraktiken trifft und alle im Raum mitmachen? Wie wäre es, wenn wir nicht nur über Zuversicht sprechen, sondern gemeinsam handeln?“
Die Antworten gab es an einem Mittwochabend im Mai: rund 140 Menschen kamen in Frankfurt am Main zusammen, um sich dem Thema „Rohdiamant Zuversicht – Von der Resignation in die Zukunftsgestaltung“ im Festsaal des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums zu widmen. Wie es dazu kam, welche Impulse wir mitgenommen haben und wie die Reise weitergehen kann, dazu mehr in diesem Artikel.
Wege in die Zuversicht
Zuversichtlich sein klingt gut, ist aber leichter gesagt als getan. Schließlich stolpern wir von Krise zu Krise, in den Nachrichten toppt eine schlechte Nachricht die nächste, und ein Teil der Gesellschaft sieht sich als „Letzte Generation“, die es in kurzer Zeit schaffen muss, das Steuer in Sachen Klimaschutz und Artensterben herumzureißen.
Immer wieder haben wir uns gefragt: st Zuversicht überhaupt möglich? Ist sie angebracht? Macht sie den Unterschied zwischen lähmendem Pessimismus und hohlem Optimismus? Haben wir eine Pflicht zur Zuversicht? Ist das Ziel entscheidend, oder reicht der Prozess des Engagements für Veränderung? Wenn Zuversicht der Rohdiamant in uns ist, welche Werkzeuge brauchen wir, um ihn zum Strahlen zu bringen?
Es war klar, dass wir keine dieser Antworten hatten, da sie immer individuell sein werden. Aber wir wollten es wagen, verschiedene Blicke auf das Thema ‘Zuversicht’ zu werfen. In einer Welt, in der Krisen, Resignation und Zukunftsängste an der Tagesordnung stehen, war und ist es uns ein Anliegen, neue Perspektiven aufzuzeigen.
Das Wichtigste, was der Einzelne und die Einzelne heute Abend tun kann, ist kein einzelner zu bleiben. – Julia Krohmer
„Wir haben sehr oft Vorträge hier zum Zustand der Natur, Vorträge, wo wir aus unserer weltweiten Forschung berichten, und sehr oft müssen wir in den Veranstaltungen negative Themen rüberbringen. (…) Und das sind Veranstaltungen, aus denen man oft nicht gerade gut gelaunt herauskommt. Aber wir haben heute Abend den Ansatz zu diskutieren, wie man diesen Herausforderungen konstruktiv gemeinsam gegenübertritt, gemeinsam damit umgehen und sich vielleicht gegenseitig bestärken kann. (…) Das Wichtigste, was der Einzelne und die Einzelne heute Abend tun kann, ist kein einzelner zu bleiben.“ – Julia Krohmer
Gemeinsam handeln über institutionelle Grenzen hinweg
Wir“, das sind Vertreter*innen von drei Organisationen: die Okeanos Stiftung für das Meer mit der Jugendinitiative „Waves of Action“, das AVE Institut für Achtsamkeit, Verbundenheit und Engagement und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Unser Ziel war es, die Möglichkeiten einer zuversichtlichen Haltung zu erkunden und Wege aus der Resignation in aktive Gestaltungsprozesse zu diskutieren.
„Es ist kein Zufall, dass wir heute zu dritt diese Veranstaltung organisieren: Manchmal liegt das Gute so nah, und manchmal dauert es einen Moment, bis man es merkt. Nach drei Jahren Umstrukturierung der Okeanos-Stiftung war klar, dass unsere Schwesterorganisation genau das bietet, was wir Jugendlichen und jungen Menschen anbieten wollen: Bildung für innere Entwicklung in Verbindung mit Bildung für nachhaltige Entwicklung und Meeresbiologie und Meeresökologie. Und das Senckenberg in räumlicher Nähe. Das ist für mich ein Impuls, zu schauen: Was liegt direkt vor uns, und wir müssen nur die Augen dafür öffnen.“ – Jana Steingässer, Okeanos Stiftung für das Meer
Wir sind überzeugt: Nachhaltige Entwicklung, besonders im Hinblick auf Umwelt und Klima, braucht eine innere Entwicklung. Das bedeutet, eine starke innere Haltung zu etablieren, die durch Achtsamkeit und Zuversicht geprägt ist, um gestärkt im Außen handeln zu können.
Nach drei Jahren Umstrukturierung der Okeanos-Stiftung war klar, dass unsere Schwesterorganisation genau das bietet, was wir Jugendlichen und jungen Menschen anbieten wollen: Bildung für innere Entwicklung in Verbindung mit Bildung für nachhaltige Entwicklung und Meeresbiologie und Meeresökologie. – Jana Steingässer, Okeanos Stiftung für das Meer
Ein Thema, viele Perspektiven: Was wir voneinander lernen können, um Zuversicht zu stärken
Die Veranstaltung „Rohdiamant Zuversicht – Aus der Resignation in die Zukunftsgestaltung“ bestand aus mehreren Elementen. Die erste Hälfte des Abends war fünf fachlichen und künstlerischen Impulsen von Expert*innen aus verschiedenen Disziplinen gewidmet: Spoken Word Poetry, historische Einblicke, sprachliche Feinheiten, Insights aus dem Aktivismus und der Tiefseeforschung, dazwischen Achtsamkeitspraktiken.
Unsere Gäste brachten unterschiedliche Perspektiven aus Theorie und Praxis in die Diskussion ein:
- Ulrich Schnabel ist Zeit Wissen-Redakteur und Autor der Bücher „Zuversicht” und „Zusammen“
- Clara Lösel ist Literaturpreisträgerin und Dichterin und erreicht mit ihren hoffnungsvollen Texten monatlich über 2 Millionen Menschen
- Torben Riehl ist Mariner Zoologe und leitet die Senckenberg Ocean Species Alliance
- Torsten Schäfer ist Professor für Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt, Wildnispädagoge und Autor
- Anoosh Sophie Werner ist Zukunftsgestalterin und Wasseraktivistin
Walk the talk: Konkrete Impulse zur Kultivierung von Zuversicht für den Alltag
Die zweite Hälfte begann mit der Arbeit in Kleingruppen, in denen das Publikum mit Expert*innen die Frage diskutierte: „Wie können wir Zuversicht im Alltag kultivieren?“ Teilnehmende jeder der fünf Gruppen präsentierten dem Publikum ihre Erkenntnisse und legten den Grundstein für die abschließende Townhall-Debatte. Die Ergebnisse lassen sich in drei Bereiche unterteilen: Gemeinschaft & Beziehungen, Natur & Rituale, Innere Haltung & Selbstentwicklung.
So kann Aktives Zuhören beispielsweise das Miteinander stärken und Empathie sowie Vertrauen aufbauen.
Zeit in der Natur zu verbringen, kann mehr Zuversicht bringen. Der gegenwärtige Augenblick bewusst wahrgenommen und durch Achtsamkeitsübungen zentriert, kann uns helfen, wieder in unsere (Tat-)Kraft zu kommen. In diesem Artikel haben wir die Insights nochmal zusammengefasst.
Und jetzt? Gemeinsam Zuversicht kultivieren!
Diese Veranstaltung hat uns eindrucksvoll gezeigt, dass Zuversicht nicht nur ein Gefühl, sondern ein aktiver Prozess ist, den wir gemeinsam gestalten können. Indem wir verschiedene Perspektiven zusammenbringen, schaffen wir einen Raum für aktive Hoffnung und praktische Handlungsimpulse. Die Vielfalt der eingebrachten Impulse – von fachlichen Vorträgen über künstlerische Beiträge bis hin zu Achtsamkeitsübungen – hat gezeigt, dass Zuversicht in vielen Facetten unseres Lebens verankert werden kann.
Wir stehen am Anfang einer Reise, auf der wir gemeinsam lernen und wachsen können. Wir laden dazu ein, diese Impulse mitnehmen und im eigenen Alltag umsetzen. Wir sind überzeugt: Gemeinsam können wir die Zuversicht zum Leuchten bringen.
Impressionen von dem Event „Rohdiamant Zuversicht: Aus der Resignation in die Zukunftsgestaltung“
Weiterführende Ressourcen zum Thema Zuversicht
- Buch: Zuversicht – Wie wir in Krisenzeiten die innere Freiheit bewahren (Ulrich Schnabel)
- Buch: Hoffnung durch Handeln – Dem Chaos standhalten, ohne verrückt zu werden (Joanna Macy & Chris Johnstone)
- Buch: Stell dir vor… mit Mut und Fantasie die Welt verändern (Rob Hopkins)