Alex Koster

Achtsamkeit als Basis für ein gutes Leben

Erfahrungsbericht von Alexandra Koster, Achtsamkeitslehrerin

Alexandra Koster ist Pädagogin und Mutter. Seit 20 Jahren meditiert sie. Sie plädiert dafür, Achtsamkeit nicht separat an Kinder zu vermitteln, sondern organisch in Alltag und Schule zu integrieren.

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Das Interview führte Sarina Hassine

Frage: Sie sind Mutter, Lehrerin und Buchautorin. Was hat Sie an der Achtsamkeitspraxis überzeugt?

Alexandra Koster: Ich war und bin ein sehr selbstkritischer Mensch. Einer meiner Aha-Momente war daher: Ich darf mir zugestehen, einfach so zu sein wie ich bin. Ich habe mir erlaubt, ok zu sein mit all meinen Fehlern, Ängsten, Gefühlen, meinen Sorgen, all meinen guten wie schlechten Eigenschaften – wenn auch anfangs nur für ein paar Sekunden oder Minuten. Das war so, als hätte mir jemand einen schweren Sack Steine von den Schultern genommen. Die Achtsamkeit befreite mich aus dem rotierenden Hamsterrad, in dem ich krampfhaft versucht hatte, immer etwas zu verändern und zu verbessern.

Frage: Wie hat Ihnen die Achtsamkeit Ihnen bei belastenden Themen geholfen?

Koster: Achtsamkeit verändert nicht unbedingt, wie oder wer wir sind, obwohl das oft ein ganz natürliches Nebenprodukt sein kann. Sie hilft uns aber zu realisieren, wenn mal wieder die Pferde mit uns durchgehen, dass wir überkritisch mit uns selbst sind oder dass wir an Angst- und Panik-Gedanken festhalten. Ich mache in solchen Momenten eine Atempause, gehe in mich und fange neu an. Man kann jeden Moment bewusst einen kleinen Neuanfang machen. Dieses Wissen war eine Offenbarung für mich.

Die Prinzipien der Achtsamkeit sind die Basis für einen guten Umgang miteinander.

Frage: Wie kam es, dass Sie Achtsamkeit in die Schule bringen wollten?

Koster: Anfangs habe ich vor allem formale Achtsamkeit praktiziert mit Übungen wie Bodyscan, Meditation, Atemgewahrsein und achtsames Yoga. Ich war so fasziniert von den positiven Veränderungen in mir, dass ich anfing, immer mehr darüber zu lesen und mich fortzubilden.

Mir wurde klar, dass die Prinzipien der Achtsamkeit eigentlich eine Anleitung für ein gutes Leben sind. Geduld, Akzeptanz, Dankbarkeit, Freundlichkeit, Selbstmitgefühl und Vorurteilsfreiheit sind die Basis für einen guten Umgang miteinander. Dieses Wissen sollte ein grundlegender Bestandteil der Erziehung und Bildung unserer Kinder sein.

Frage: Kann man mit Achtsamkeit die Welt verändern?

Koster: Eine achtsame Lebenseinstellung unterstützt den respektvollen Umgang nicht nur mit anderen Menschen, sondern mit allen Lebewesen und der Erde selbst. Das mag sich jetzt sehr vereinfacht anhören, aber man kann jede Lebenslage und Situation durch Achtsamkeit positiv beeinflussen – angefangen bei zwischenmenschlichen Beziehungen bis hin zum Klimaschutz.

Achtsamkeit muss ein natürlicher Bestandteil des Bildungssystems werden.

Frage: Wie haben Sie das für sich als Mutter und Lehrerin in der Schule umgesetzt?

Koster: Ich fing an, Achtsamkeit immer mehr auf natürliche Weise in mein Leben und meine Arbeit als Lehrerin einfließen zu lassen. Statt das Ganze mit formalen Übungen anzugehen, integriere ich Achtsamkeit ganz organisch in tägliche Aktivitäten.

Vor allem mit Kindern kann man da sehr kreativ sein. Geschichten, Rollenspiel, Aktivitäten in der Natur, achtsames Essen, Spiele, wohltätige Initiativen gestalten, das sind motivierende Methoden. Damit kann man emotionale Intelligenz, Mitgefühl, Achtsamkeit, Toleranz und ein positives Selbstbild fördern.

Ich glaube, man sollte nichts isoliert betrachten, sondern immer in Bezug auf das Ganze. Wenn wir jeden Morgen 30 Minuten meditieren, jedoch nicht auch achtsam auf alle Aspekte unseres Lebens schauen, wird sich kaum etwas für uns ändern. Deshalb macht es für mich auch nicht viel Sinn, Achtsamkeit in Schulen und Tagesstätten als zusätzliche „Aktivität“ vorzustellen. Achtsamkeit muss ein natürlicher Bestandteil unseres Bildungssystems und unseres Lebens werden.

 

roots and wings

Alexandra Koster lebt in Irland. Sie ist Mutter zweier Kinder und arbeitet als Achtsamkeitslehrerin. Sie ist Autorin des Buches „Roots and Wings“. Hier finden Eltern und Pädagog:innen viele Ideen und Ressourcen rund um das Thema Achtsamkeit, z.B. die Eltern-Kind Beziehung, wissenschaftliche Hintergründe von Achtsamkeit, interaktive und multi-sensorische Lernmethoden, die Bedeutung von Naturverbundenheit, die neuen Herausforderungen durch das Internet und Social Media und die Wichtigkeit, unser Leben zu vereinfachen.

Ihr englischsprachiges Buch kann man auf ihrer Website bestellen. Dort hat sie auch eine Vielzahl an Ressourcen zum kostenlosen Download bereitgestellt.

 

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  • Illustration Alex Koster: Bitteschön.tv
  • roots-and-wings-alex-koster cover: Alex Koster