Tina Schütze

MeTAzeit – Bewegung und Wachheit im Klassenzimmer

Mit dem Programm „MeTAzeit“ verbindet Tina Schütze-Fulton die Themen Meditation, Training und Achtsamkeit in Schulen. Die Lehrkräfte üben dabei täglich drei 8-Minuten-Einheiten mit den Kindern. Die Wirksamkeit wurde an der Humboldt Universität Berlin evaluiert.

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Heute ist im Unterricht „Fliegen fangen“ angesagt. Dabei machen die Kinder Kniebeugen und nehmen die Arme „zum Fangen“ nach oben über den Kopf. Danach werden die Arme gestreckt über die Seite nach unten geführt und die Beine wieder gestreckt.

Diese Übung ist bei Schülerinnen und Schülern aller Alterststufen beliebt, weil sie einfach ist, weil man alle Muskeln spürt und merkt, wie der Herz-Kreislauf in Schwung kommt. Dazu passt ein kurzer Bodyscan: Wie stehe ich vorher und wie nachher? Welche Haltung habe ich?

Mit dem Projekt MeTAzeit verbindet Tina Schütze die Themen Meditation (Me), Training (T) und Achtsamkeit (A) – kurz MeTA – in Schulen. Die Lehrkräfte machen mit den Kindern täglich drei 8-Minuten-Einheiten.

Bei den Übungen, die aus dem Rückentraining, dem Qigong, Martial Arts und anderen Bereichen stammen, geht es nicht nur um Bewegung und Achtsamkeit, sondern auch darum, etwas für sich zu lernen – über den eigenen Körper und die Selbstwirksamkeit.

„Eines Tages sagte eine ältere Patientin, mit der ich Übungen gemacht habe, zu mir: ´Warum muss ich erst 80 Jahre alt werden, um das über mich zu erfahren? Warum muss man erst krank und frustriert werden?` Das gab mir zu denken“, sagt Tina Schütze-Fulton.

Ihr kam der Gedanke, dass schon Kinder üben können, Haltung zu zeigen, zu spüren, wer sie sind, und zwar bei jeder Übung neu. Bin ich gerade mutig, kreativ, lustig, gesund, glücklich? Um den stetig zunehmenden mentalen Krankheitsbildern etwas entgegen zu stellen, brachte sie ihr Wissen aus der Erwachsenenbildung sowie die Essenz ihres Wissens aus den Bereichen Unternehmen, Krankenhaus und Coaching zusammen.

Vom Pilotprojekt zur Lehrerfortbildung

Die Idee kam 2018 auf. Im August 2019 startete schließlich das Pilotprogramm mit zwei Schulen, finanziell unterstützt von einer Krankenkasse. Doch Tina Schütze wollte mehr: „Wenn ich so ein Projekt mache, dann muss man auch beweisen können, dass es funktioniert.“

Sie gewann die Humboldt-Universität zu Berlin als Partner. Professor Wegner vom Institut für Sportwissenschaft, Fachbereich Sportpsychologie, war sofort interessiert an einer Zusammenarbeit.*

Über 300 Kinder aus den 1. bis 6. Klassen wurden nach dem Zufallsprinzip in eine Projektgruppe und eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Es wurde der Münchner Fitnesstest durchgeführt – einmal vor Beginn des Projekts und nach einem halben Jahr.

„Das Ergebnis ist großartig“, sagt Tina Schütze-Fulton, „schon nach sechs Monaten haben sich die Kinder wohler gefühlt, konnten Emotionen besser regulieren, waren beweglicher und konnten besser Freundschaften schließen.“ Zu dem Projekt wurden außerdem zwei Bachelorarbeiten geschrieben. Ob eine Studie zur Wirksamkeit auf die Lehrkräfte folgt, steht noch nicht fest.

Die aus dem Pilotprojekt entstandene MeTAzeit Basis-Fortbildung für Lehrkräfte dauert sechs Monate. Inbegriffen sind 72 Impuls-Karten, die kombiniert und modifiziert werden können. Hinzu kommt eine Prozessbegleitung für die gesamte Schule, die bis zu drei Jahre dauern kann, je nach Größe und Bedarf der Schule (die bisherigen Projektschulen hatten 140-1000 Schüler).

„Wir treffen uns monatlich mit dem gesamten Kollegium und besprechen, was herausfordernd ist, wo es Ängste, Sorgen und Erwartungen gibt“, so Schütze. „Ich möchte die Schulkultur nachhaltig ändern, die Beziehungs- und Lernkultur verbessern.“

Das Besondere ist außerdem, dass nicht nur die Lehrkräfte und die Schulleitung in den Prozess integriert sind, sondern auch Eltern, Erzieher, Sekretärin, Hausmeister – alle Beteiligten, die mitmachen möchten.

Das sind meist etwa zwei Drittel eines Schulteams. Hinzu kommen auf Wunsch Hospitationen für Lehrkräfte. Die Art der Begleitung wird individuell entwickelt, denn jede Schule ist anders.

Tina Schütze ist sich sicher, dass es mehr Bewegung über den Tag verteilt braucht und nicht nur im Sportunterricht. Dazu Achtsamkeit.

„Ich sehe Achtsamkeit als Wachsein und Präsentsein in jedem Moment. Dadurch entsteht Gelassenheit und so kommen die Möglichkeiten. Mit den Möglichkeiten kommt Freude und Wohlbefinden, was sich wiederum positiv auf alles auswirkt, was wir gestalten.

Über die Präsenz lerne ich viel über mich selbst und kann anerkennen, dass alles in mir beginnt, statt auf andere zu zeigen. Was kann ich tun, damit es schöner wird – für mich, die Menschen um mich herum und unsere Erde?“

Visionen für Kita, Schule und Hochschule

Ab September 2021 gibt es auch MeTAzeit-Karten für Kitas und Familien. Außerdem möchte Tina Schütze mehr Schulen begleiten und die erprobten Inhalte in die Lehrkräfteausbildung einbinden. Was kann die Zukunft noch bringen?

„Ich wünsche mir für Schulen, dass alle Erwachsenen, die in unserem Bildungssystem agieren, sich in ihrem Denken und Handeln auf das Kindeswohl fokussieren. So kann Schule ein Ort sein, an dem alle Beteiligten gerne sind.

Ein Ort, an dem gesundes Aufblühen möglich und wichtig ist, an dem Schüler:innen ihre Talente erforschen und reifen lassen können. Das gelingt meines Erachtens durch eine wertschätzende Beziehungskultur, eine gesunde Lernkultur ebenso wie fundierten Fachunterricht.“

Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es hier.

*Einen Kurzbericht über die Studienergebnisse finden Sie hier.

Marika Muster

Marika Muster ist Journalistin und hat mehrere Jahre als Lehrerin und Lernbegleiterin an verschiedenen Schulen in Schleswig-Holstein gearbeitet. Sie hat viel Erfahrung in der Erwachsenenbildung (z.B. Schulfach Glück) und in der Seminarleitung mit Jugendlichen (Klimagipfel des BUND). Sie hat "Schulfach Achtsamkeit" gegründet und bietet selbständig Lehrerfortbildungen und Onlinekurse an.

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  • Tina Schütze: Grit Siwonia
  • Marika Muster: privat