Illustration Selbstmitgefühl Kurs

Online-Kurs: Selbstmitgefühl, Achtsamkeit und Kreativität

Selbstmitgefühl ist ein wichtiger Aspekt für Pädagog*innen, die viel für andere sorgen und sich selbst nicht vergessen sollten. Kursleiterin Helga Luger-Schreiner spricht über ihren Online-Kurs auf der AVE Lernplattform und die Rolle der Kreativität.

PORTAL FÜR ACHTSAMKEIT IN DER PÄDAGOGIK

Das Gespräch führte Marika Muster

Welche Rolle spielt Kreativität im Kontext Achtsamkeit in der Pädagogik?

Helga Luger-Schreiner: Kreativität ist ein wesentliches menschliches Potenzial. Kreativität öffnet Türen, die man oft gar nicht mehr sieht, dadurch entstehen neue Möglichkeitsräume. Das ist erstaunlich und wunderschön. Kreativität ist Lebendigkeit. Auch Schule sollte ein großer Möglichkeitsraum sein.

Ich verbinde schon lange Meditation mit künstlerischen Prozessen, dabei arbeite ich multimedial, bildnerisch, aber auch mit Bewegung, Tanz, Stimme und Atem, dramaturgisch. Achtsamkeits- und Selbstmitgefühlsvermittlung darf auch gerne spielerisch und bewegt sein.

Welches sind die Schnittmengen zwischen Achtsamkeit und kreativen Prozessen?

Luger-Schreiner: Achtsamkeit findet im präverbalen Feld statt. Künstlerische Prozesse agieren auch im vorsprachlichen Bereich und erlauben uns, in eine Erkenntnisebene einzutauchen, die vor dem Sprachlich-Kognitiven liegt. Künstlerische Prozesse ermöglichen ganz da zu sein, ein gelingendes Präsentsein. Das kann sehr nährend und unterstützend sein. Im künstlerischen Flow habe ich auch eine ähnliche Fokussiertheit, wie bei Achtsamkeit, dazu kommt nun noch ein klares Bewusstsein für die Wahrnehmungen.

Achtsamkeit findet im präverbalen Feld statt.

Braucht man als Teilnehmer*in in Ihrem neuen Kurs dafür künstlerische Vorerfahrungen?

Luger-Schreiner: Nein. Man darf sich davon lösen, etwas „Schönes“ machen zu wollen oder zu sollen. Aus der Meditation heraus künstlerisch zu arbeiten, ermöglicht auch Laien eine erstaunliche Qualität ihrer Werke, denn es wird eine tiefe Botschaft vermittelt: Ich bin mit mir und der Welt verbunden!

Ein Fokus Ihrer Arbeit und dieses Kurses ist neben Achtsamkeit das Thema Selbstmitgefühl. Warum brauchen Pädagog*innen Selbstmitgefühl bzw. was passiert, wenn sie kein Selbstmitgefühl üben?

Luger-Schreiner: Wenn wir für andere da sind und uns selbst ganz vergessen, dann kippen wir aus unseren Kräften. Wenn unsere innere Haltung uns selbst gegenüber jedoch liebevoll ist, können wir auch auf unsere eigenen Bedürfnisse achten. Selbstmitgefühl ermöglicht es uns, durch schwierige Phasen zu gehen, ohne auszubrennen oder im Burnout zu landen. Es ist die Basis von Resilienz. Eine selbstmitfühlende Haltung uns selbst gegenüber wirkt sich auch positiv auf die Stimmung anderer aus.

Achtsam zu sein bedeutet auch mit dem eigenen Körper in Kontakt zu sein. In der Schule wird der Körper meist leider „ins Exil“ geschickt, der Fokus liegt auf dem Kognitiven. Achtsamkeit auf Körperwahrnehmungen ist für viele Bereiche unseres Seins sehr wesentlich.

In der Schule wird der Körper meist leider „ins Exil“ geschickt.

Ich bin selbst auch Pädagogin, habe Kunstpädagogik studiert, eine Freie Schule gegründet, Kunst unterrichtet. Ich habe erlebt, wie herausfordernd dieses Berufsfeld ist und bin überzeugt davon, dass Achtsamkeit und Selbstmitgefühl transformative Kräfte sind, die Lehrer*innen und Schüler*innen gleichermaßen unterstützen.

Was verstehen Sie unter Selbstmitgefühl im pädagogischen Kontext?

Helga Luger-Schreiner: Gerade Pädagog*innen haben die Fähigkeit, sich um andere zu kümmern, zu erspüren, was andere brauchen. Selbstmitgefühl bedeutet, das auch für sich selbst zu entwickeln. Zu spüren, wenn Stress und Überlastung da sind und darauf zu reagieren, mit einer freundlichen, liebevollen Zuwendung für sich. Es geht darum, die eigenen Befindlichkeiten und Bedürfnisse zu erkennen, mit sich selbst freundlich umzugehen und sich selbst zu trösten, wenn es gerade schwierig ist und gut für sich zu sorgen.

Gelingt das den Pädagog*innen gut?

Luger-Schreiner: Viele gehen sehr streng mit sich selbst um, haben hohe Ansprüche an sich selbst, sie kritisieren sich und sind enttäuscht von sich, wenn etwas nicht perfekt gelingt. Selbstmitgefühlspraxis kann dabei unterstützen, aus der Strenge herausrauszukommen und eine freundlichere innere Stimme zu entwickeln.

Man kann sich selbst liebevoll sagen, „ich habe es gerade schwer“.

Und wenn es der Rahmen nicht zulässt?

Luger-Schreiner: Eine Haltung entwickelt sich im Prozess und mit der Zeit. Im Alltag gibt es viele minimalistische Möglichkeiten. Wenn eine Situation herausfordernd ist, kann man sich daran erinnern, auch sich selbst gut zuzusprechen, anstatt sich zu kritisieren. Anstatt sich noch mehr anzutreiben oder innerlich selbst die Schuld zu geben, kann man sich auch zunächst liebevoll sagen, „ich habe es gerade schwer“ und damit die herausfordernde Situation sehen und sich wertschätzen.

Kleine schöne Momente bewusster wahrnehmen und sich Zeit nehmen für kurze Augenblicke des Durchatmens, auch das entsteht aus einer Haltung des Selbstmitgefühls.

Was ist der Unterschied zwischen Selbstmitleid und Selbstmitgefühl?

Luger-Schreiner: Beim Selbstmitleid ziehen wir uns selbst durch unsere Gedanken weiter herunter, z. B. Ich kann das nicht, ich schaffe das nie, nur mir geht es so, alle sind gegen mich. Hingegen beim Selbstmitgefühl bemerken wir unsere Gefühle, würdigen sie und schauen, wie wir freundlich und hilfreich damit umgehen können.

Was lernen Pädagog*innen in Ihrem Kurs?

Luger-Schreiner: Der Online-Selbstlernkurs ist ein Baustein, um in Achtsamkeit einzutauchen, Selbstmitgefühl zu entwickeln und zu lernen mit Schwierigem umzugehen. Er bietet Leichtigkeit beim Einstieg in das Thema und gleichzeitig Tiefe, wenn man sich darauf einlässt.

Mit den Videos und Audios kann man in eine regelmäßige Praxis eintauchen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, an vertiefenden Online-Live-Fragestunden teilzunehmen und sich in kleinen Gruppen zu treffen. Ich halte es für ganz wichtig, auch gemeinsam zu üben.

Danke für das Gespräch!

 

Helga Luger-SchreinerHelga Luger-Schreiner leitet das Institut powerful-heART und PAS-Projekt Achtsame Schule/Pädagogik mit Achtsamkeit und Selbstmitgefühl an der Universität Wien am Institut für Lehrer*innenbildung. Sie ist Kunstpädagogin, Dipl. Montessori-Pädagogin, Dipl. multimediale Kunsttherapeutin, Mindful Selfcompassion Certified Teacher und Künstlerin. Sie ist Mit-Entwicklerin und Dozentin des ersten Masterlehrgangs zu Achtsamkeit in deutscher Sprache. Außerdem ist sie Dozentin der AVE Weiterbildung für achtsamkeitsbasierte Lehrer*innenbildung. 2020 erschien bei Beltz/Therapietools ihr Buch zum Thema Selbstmitgefühl.

Mehr Infos zum Kurs

Hier kommen Sie zu dem Online-Kurs „Achtsamkeit, Selbstmitgefühl und Kreativität – damit Lebendigkeit blühen kann“.

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  • Illustration: Lena Hesse
  • Helga Luger-Schreiner-low-rund: Rui Camilo