Team

Klare Worte von der Teamleitung

Als Leiter*in einer Kita hat man immer wieder mit Konflikten im Team zu tun. Coach Barbara Leitner gibt anhand von zwei Beispielen einige Impulse für friedvolle Lösungen.

PORTAL FÜR ACHTSAMKEIT IN DER PÄDAGOGIK

Ich erinnere mich, als ich einmal als Supervisorin das Gespräch einer Kita-Leiterin mit ihrem Team verfolgte: Eine Kollegin ärgerte sich über die (Hort-) Kinder, die sich nicht an den vorbereiteten Ferienaktivitäten in ihrem Kinderhaus beteiligt hatten. Trotz aller Mühe waren die Mädchen und Jungen einfach nicht gekommen.

Ruhig spiegelte die Leiterin, was sie von der Kollegin gehört hatte: dass sie wirksam sein möchte, dass ihr Wertschätzung und Effektivität wichtig sind. Die junge Frau fühlte sich dadurch verstanden. Dann sagte die Leiterin ruhig und ohne jeden Vorwurf, dass für sie Partizipation einer der wichtigen Bestandteile in der Kita ist.

Und, dass sie möchte, dass die Kinder in ihrer Einrichtung früh die Erfahrung machen, gefragt zu werden und ihre (wachsenden) Kompetenz beweisen zu können. Deshalb möchte sie bei solchen Vorhaben für die Kinder unbedingt die Kinder einbezogen wissen. Dadurch würden auch die Bedürfnisse der Kollegin nach Wirksamkeit und Effektivität berücksichtigt werden.

Bei diesem Gespräch wanderte ihr Blick durch die gesamte Kolleg*innen-Runde. Sie sah alle freundlich und bestimmt an. Sie bezog auf diese Weise alle mit ein. Partizipation war nicht nur ein Wort. Sie lebte in der Haltung der Leiterin.

Die authentische Mitteilung von Kita-Leiter*innen gegenüber ihrem Team ist eine fürsorgliche und zugleich demokratische Handlung. Eine Leiter*in, die sich den anderen mit dem zeigt, was ihr wichtig ist und was sie will und dabei bewusst die Bedürfnisse des Gegenübers mit einbezieht, nutzt ihre Position als Leiterin nicht nur konstruktiv sondern auch demokratisch.

Destruktive Kommunikation

Oft ist es so, dass sich Leiter*innen – wie im folgenden Beispiel – demotivierend äußern. Eine Kita-Leiterin sieht eine Erzieherin mit einer Cola-Flasche im Gruppenraum. Dabei hatte das Team am Tag zuvor in einer Dienstbesprechung vereinbart, in der Kita auf zuckerhaltige Getränke zu verzichten.

Sie sagt dann vielleicht: „Du sabotierst die Teamentscheidung. Hast Du vergessen, was wir gestern besprochen haben?“ oder sie vergleicht die Kollegin mit anderen und beschämt sie: „Alle haben es verstanden, was uns wichtig ist. Du nicht.“ Es kann aber auch sein, dass sie nichts dazu sagt, sich und die Teamentscheidung nicht ernst nimmt.

In Teams gibt es eine Vielzahl von beschuldigenden und beschämenden Kommunikationsformen, die das Klima der Wertschätzung im Miteinander untergraben: Das Vergleichen und sich Besser-Dünken, die Konkurrenz, das sich gegenseitig Ignorieren oder die mangelnde Bereitschaft, sich in schwierigen Situationen zu unterstützen. Wenn Leiter*innen derlei Verhaltensweisen beobachten, ist es sehr zu empfehlen, klar auszudrücken, wie es ihnen damit geht und was das für sie bedeutet.

Sich als Mensch zeigen

Zurück zum Beispiel mit der Cola. Was hat es bei der Kita-Leiter*in ausgelöst? Geht es um die Cola oder darum, dass die Kita-Leiterin sich nicht ernst genommen fühlt?

Zweiteres mitzuteilen fällt uns häufig schwer, weil wir in unserer eigenen Kindheit oft wenig gute Erfahrungen gemacht haben, wenn wir uns mit der eigenen Wahrheit und damit auch verletzlich gezeigt haben. Meistens hat das dazu geführt, dass wir uns zurückhalten, anstatt uns einzubringen. Niemand möchte gerne verletzt werden. Das alte Muster bewusst zu durchbrechen ist also die eigentliche Aufgabe, bei der es gilt die Balance zu wahren: Sich selbst zu zeigen, ohne sich zu unterwerfen oder den anderen zu dominieren.

Genau darin liegt also die neue Möglichkeit für Leiter*innen im Miteinander: Sehr bewusst andere Menschen hinter den eigenen Schutzwall schauen zu lassen und sie daran teilhaben zu lassen, was sie fühlen, was ihnen wirklich wichtig ist und welche ihrer Bedürfnisse und Werte in dem Moment betroffen sind.

Vier Schritte einer konstruktiven Ansprache

Mit den sogenannten vier Schritten aus der „Gewaltfreien Kommunikation“ nach Marshall Rosenberg könnte die Leiter*in in unserem Beispiel sagen:

  1. Sagen, was sie beobachtet: Ich sehe Dich mit einer Cola bei den Kindern;
  2. Sagen, wie sie sich fühlt: Ich bin irritiert und unsicher, vielleicht auch ärgerlich oder traurig…
  3. Sagen, was ihr wichtig ist: Ich möchte vertrauen können, dass wir gemeinsam nach den Beschlüssen handeln, die wir auf der Dienstbesprechung treffen. Und ich möchte sicher sein, dass ich mich auf Dich verlassen kann, z.B. bei der Cola und anderen Dingen.
  4. Eine Bitte äußern: Ich weiß nicht genau, was ich von der Sache halten soll. Ich brauche hier Deine Rückmeldung, damit ich weiß, wo Du und wir gemeinsam stehen. Verstehst Du meine Sorge und Beunruhigung? Kannst Du mir sagen, wie Du gestern unseren Beschluss verstanden hast? Kannst Du bitte ab sofort Tee, Kaffee oder Wasser als Getränk in die Kita mitbringen?

Sich zuerst um die Beziehung kümmern

Wichtig ist, nicht zuerst die Sache (die Colaflasche) zu benennen, sondern sich zuerst um die Verbindung zu kümmern: Die Verbindung zur eigenen Wahrheit, die dann von Herz zu Herz geäußert wird, um die Verbindung zu dem anderen Menschen zu finden.

Denn „gewaltfrei zu kommunizieren“ heißt, nicht die eigene Wahrheit zu verabsolutieren, sondern verlangt auch anzuerkennen, dass sich das Gegenüber durch sein Tun Bedürfnisse erfüllt. Auch wenn es etwas tut, was uns nicht gefällt. Das Gegenüber ist ein Mensch, wie wir. Die Kollegin mit der Cola-Flasche war vielleicht bei der Dienstbesprechung nur mit einem halben Ohr dabei, hielt das Ganze nur für einen Vorschlag oder hatte gar keine Chance, ihre Meinung dazu zu sagen.

Mit kleinen Situationen zu üben beginnen

Wenn Sie sich als Teamleiter*in in diesen Punkten entwickeln möchten, fangen Sie langsam an. Es empfiehlt sich, mit kleineren Situationen, Konflikten oder Ärgernissen zu üben. So sammeln Sie die Erfahrung, dass Sie als Kita-Leiter*in gehört und mit ihrem Engagement für eine gute Kita wahrgenommen werden.

Mit der Zeit werden Sie sicherer und in der Lage sein, Situationen anzusprechen, die ihren Vorstellungen einer einfühlsamen Pädagogik widersprechen – beispielsweise wenn sie mit einer Kollegin ins Gespräch gehen wollen, die sich mit ihrem Ton gegenüber den Kindern übergriffig ausdrückt.

Fazit: Ihre Rolle als Leiter*innen entfalten Sie in einem bereichernden Sinne für alle Beteiligten, indem Sie deutlich aussprechen, was Sie in einem Moment fühlen und welche Bedürfnisse Ihnen wichtig sind. Dabei geht es nicht um (hohle) Worte, sondern darum, dass Sie ausdrücken, was sich für Sie damit verbindet.

Sind Sie mit Ihrer Intention spürbar und verkörpern Sie die Gefühle und Energien, die damit verbunden sind, werden Sie leichter Resonanz im Team finden. Das ist die eine Seite, ehrlich mit sich selbst zu sein und sich offen und eventuell auch verletzlich zu zeigen.

Die andere Seite ist es, das Gegenüber zu sehen. Das können Sie tun, indem Sie Ihr Gegenüber durch Ihre Ansprache einbeziehen und fürsorglich die Bedürfnisse des Anderen in Betracht ziehen. Sie werden durch diese Kommunikationsweise Ihren Einfluss für jene Dinge mehren, die Ihnen wichtig sind.

Barbara Leitner

 

Friedvoll miteinander umgehen in der Kita

Barbara Leitner ist Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und arbeitet als Prozessbegleiterin, Trainerin und Coach in Berlin. Sie ist vor allem in Kitas (und Schulen tätig) und unterstützt die Teams darin, sich selbst und Kinder besser zu verstehen. Ihr Wunsch ist es, ein Zusammenleben auf Augenhöhe zu gestalten. Sie arbeitet für verschiedene Fachzeitschriften, koordiniert seit 2014 die Seite Kita-Fachtexte und ist Autorin des Buches "Gewaltfreie Kommunikation in der Kita". Mehr Informationen über Barbara Leitner finden Sie hier.

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  • Team: simonthon.com / photocase.de
  • Barbara Leitner: privat