Dads on Duty – Väter zeigen Verbundenheit

Väter einer Brennpunktschule in den USA zeigen Verbundenheit mit den Schüler:innen. Dadurch hat sich die Atmosphäre in der Schule maßgeblich verbessert. Ob die Aktion auch in Deutschland Nachahmende findet?

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Dreiundzwanzig Schülerinnen und Schüler prügeln sich über drei Tage in einem Schulgebäude. Nach und nach werden sie von der Polizei verhaftet und von einer Polizeiwagenkolonne abtransportiert. Was ich hier beschreibe ist keine Szene aus einem Spielfilm, sondern ein Livebericht, der vor etwa zwei Monaten auf dem Campus der Southwood High School in Shreveport, Louisiana, gefilmt wurde.

Der Bericht wurde mehr als 50 Millionen Mal in den sozialen Medien aufgerufen nachdem er in den „CBS Evening News“ ausgestrahlt wurde. So auch von mir. Aber nicht wegen dem Entsetzen über die Gewalt der Jugendlichen, sondern wegen der ungewöhnlich naheliegenden Lösung von fünf engagierten Vätern aus Shreveport, mit dieser umzugehen: „Dads on Duty“.

Mittlerweile haben sich ihnen vierzig Väter angeschlossen, die in Schichten von sechs bis zehn Vätern pro Tag Zeit in der Schule verbringen. Und es werden immer mehr. Dabei haben sie „nur“ festgestellt, dass es keinen Abschluss in Psychologie oder eine Ausbildung im Umgang mit Kriminellen benötigt, sondern einfach „nur“ Vater sein.

Mit Erlaubnis der High School kamen die Väter, von denen die meisten einen Vollzeitjob haben, nach den Verhaftungen in die Schule. Seitdem grüßen sie die Kinder mit liebevoller Präsenz, wenn sie morgens die Schule betreten und sie machen blöde Witze, wie nur Väter blöde Witze machen können.

Nachmittags achten sie darauf, dass die Kinder die Schule sicher verlassen und dass sie jederzeit ein Ohr für sie zum Reden haben, wenn es irgendwo mal hakt. Das Resultat: keine einzige Prügelei mehr.

Positiver väterlicher Einfluss fehlt

Würden sich in Deutschland nur zwei prügeln, läge beim nächsten Elternabend der Fokus darauf, wie man diese Kinder los werden könnte. Die Elternschaft spaltet sich dann in die, deren Kinder die Störenfriede sind und die, deren Kinder beim Lernen gestört werden.

Und man „prügelt“ dann verbal aufeinander ein. Anstatt sich gemeinsam zu überlegen, was die Wurzeln der überbordenden Aggressionen sind, wird das Symptom bekämpft. Als ob es sich an einer anderen Schule dann von selbst auflösen würde. Das nennt man Verantwortungsabgabe.

Vielen Kindern fehlt ein positiver väterlicher Einfluss. Ist der Vater unzugänglich oder autoritär, wendet sich das Kind unbewusst an die nächste „männliche“ Institution, wie z.B. die Schule, um auf sich und seine Bedürfnisse aufmerksam zu machen.

Und genau so sehen das auch die Väter von Dads on Duty: „Nicht alle haben einen Vater oder eine so gute Beziehung zu ihrem Vater. Es ist unser Ziel, den Kindern zu zeigen, wie eine gute Beziehung zu einer männlichen Figur aussehen sollte. Es macht also einen großen Unterschied, einfach hier zu sein“, sagten die Väter gegenüber CBS News.

Verbundenheit macht den Unterschied

In all den Schuljahren meiner Kinder habe ich auch viel über den Hinweis von Jesper Juul nachgedacht, dass sich dann in den Schulen etwas ändern kann, wenn alle Eltern gemeinsam mit den Lehrkräften für bessere Bedingungen in den Schulen auf die Straße gehen. Sicherlich hat er damit Recht.

Nur: selbst wenn sich montags Eltern und Lehrer:innen für „Mondays for better Schools“ formieren würden, die Mühlen des Schulwesens mahlen langsam. Oft zu langsam für Schulen, die sogenannte Brennpunktschulen sind oder es werden können. Und genau deshalb finde ich „Dads on Duty“ so cool.

Es ist die Verbundenheit, die den Unterschied macht, die sie nicht nur den Schülerinnen und Schülern vorleben, sondern den ganzen USA. Und innerhalb weniger Wochen spiegeln die Kinder und Jugendlichen genau das. Miteinander anstatt gegeneinander.

Wenn sich hier in Deutschland die Väter verständlicherweise wegen ihres Vollzeitsjobs für solche Einsätze nicht begeistern können, dann könnten es ja auch die Großväter sein? Oder ein von der Bundesagentur für Arbeit initiiertes Programm für arbeitslose Väter oder Onkel? Jedenfalls bringt dieses Beispiel meine Phantasie zum glühen und vielleicht auch den einen oder anderen Lesenden dieses Artikels.

Wie weit das Engagement der fünf Väter mittlerweile in den USA geführt hat? Mehr als zwei Dutzend Schulbezirke in den USA erkundigen sich, wie sie den Erfolg wiederholen können, Prominente, Sportler und Politiker nehmen Notiz davon und in Talkshows wird darüber gesprochen. Das Engagement der Gruppe hat alle auf den Plan gerufen – Liberale und Konservative gleichermaßen.

Und: In ihrem Namen wurde eine GoFundMe-Seite ins Leben gerufen, um sie dabei finanziell zu unterstützen, weiterhin auf dem Schulgelände zu patrouillieren, denn sie möchten, dass dies das Gleiche ist wie der Elternbeirat, etwas, das es in jeder Schule, in jedem Bezirk gibt.

Mona Kino

Die Autorin und Familientherapeutin ist ausgebildet u.a. bei Jesper Juul und ist Teil der aus Dänemark stammenden Bewegung Training Empathy. Sie wirkt als Referentin beim AVE-geförderten Berliner Modellprojekt Empathie macht Schule mit. Mona Kino schreibt über Beziehungskompetenz und ein gutes Miteinander in Schule, Familie und Gesellschaft. Mona Kinos Buch "Zeit für Empathie" ist 2020 erschienen im Beltz Verlag. Mehr über Mona Kino finden Sie auf Ihrer Seite.

 

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  • dads on duty: GOFUNDME
  • Mona Kino: Florian Hoffmeister