Britta Hölzel

Mindful Students Regensburg – Vortrag von Dr. Britta Hölzel

Die Studierendeninitiative Mindful Students Regensburg ist eine Gruppe, die sich u.a. zu Online-Vorträgen trifft, zum gemeinsamen Yoga, Meditieren und Austausch. Zuletzt hat hier Dr. Britta Hölzel erklärt, warum wir mit Achtsamkeit glücklicher werden können.

PORTAL FÜR ACHTSAMKEIT IN DER PÄDAGOGIK

Neulich im Wald. Ein Mann und eine Frau um die fünfzig Jahre alt unterhalten sich beim Spazierengehen. Er: „Ich kenne niemanden, der glücklich ist.“ Sie bleibt stehen und antwortet: “Ich bin glücklich.“ Erstaunt sieht er sie an: “Du? Aber du bist doch in letzter Zeit so oft traurig.“ „Das heißt aber nicht, dass ich nicht glücklich bin.“ Schweigend gehen die beiden weiter. Wofür die beiden keine Erklärung haben, hat Dr. Britta Hölzel eine.

Die Wissenschaftlerin und Achtsamkeitslehrerin gibt für die Student*innen an der Uni Regensburg einen Online-Vortrag zum Thema: „Was ist Achtsamkeit“. Im Rahmen der Initiative treffen sich Student*innen regelmäßig zum Meditieren, organisiert über die What’s App-Gruppe Mindful Students Regensburg. Ziel der Initiative ist es, Achtsamkeitspraxis in den Unialltag zu integrieren.

Sie hat 101 Mitglieder wovon sich ganze 98 Teilnehmende zu dem Vortrag auf Zoom eingefunden haben. Ein Wow-Effekt auch für die eingeladene Referentin Dr. Britta Hölzel. Viele von ihnen kommen durch die Gruppe und den Vortrag erstmals mit Achtsamkeit und Meditation in Berührung.

Und nachdem mit einer Achtsamkeitsübung im Stehen begonnen wird, erschließt sich im weiteren Verlauf auch Erhellendes über Glück und Traurigkeit für das spazierende Paar.

„Ein wandernder Geist ist ein unglücklicher Geist“

Dr. Britta Hölzel macht es einem leicht, denn gleich zu Anfang macht sie die Teilnehmenden mit ihrer „Formel für Achtsamkeit“ bekannt: „Achtsamkeit = Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment + eine innere Haltung von Akzeptanz, Neugier und Offenheit.“ und fügt schmunzelnd hinzu: „Klingt einfach, wenn da nur nicht das Gedankenwandern wäre.“ Was oft auch als „Monkey Mind“ bezeichnet wird.

„Menschen, die im gegenwärtigen Moment ganz bei einer Sache sind, auch wenn sie unangenehm ist, sind glücklicher als jene, die im gegenwärtigen Moment mit den Gedanken in der Vergangenheit oder in der Zukunft sind“, zitiert Britta Hölzel die Studie „A wandering mind is an unhappy mind“ von Killingsworth und Gilbert (2010).

Und genau deshalb hat Achtsamkeit mit dem Glücklichsein zu tun. Mit Achtsamkeitsübungen trainiert man die Fähigkeit im gegenwärtigen Moment präsent zu sein. Wenn wir präsent sind, können wir trotzdem eine zufriedene Grundhaltung haben, auch wenn wir gerade etwas „Unangenehmes“ erleben.

Meditation und Neuroplastizität

Was kann man also gegen das Gedankenwandern tun? Es gehört ja zum Menschsein dazu?

Dieser doppelten Frage, widmet sich der weitere Vortrag von Britta Hölzel. Die beiden magischen Wörter hierbei heißen Meditation und Neuroplastizität. Denn Mediation kann uns darin unterstützen, die Neuroplastizität unseres Gehirns so nutzen, dass es unseren Nervenzellen möglich ist, ein Leben lang neue Nerven-Verbindungen einzugehen. So können wir den Aufbau unseres Gehirns und seine Funktionen ändern und uns an neue Umstände anpassen.

Wenn man nun die Gewohnheit hat, in Gedanken oft woanders zu sein, kann man wieder lernen, fokussierter und mehr im Hier und Jetzt zu sein. Mit der Übung fällt einem das dann immer leichter. Meditation und Achtsamkeit im Alltag unterstützen diesen Lernprozess.

Britta Hölzel erklärt wie das geht und erörtert dazu die Phasen der Aufmerksamkeit beispielsweise beim Meditieren. Diese könne man sich wie einen Kreislauf vorstellen: Fokus halten, Gedankenwandern, Bemerken des Gedankenwandern, Umschalten, Fokus halten.

Um das erlebbar zu machen, bittet Britta Hölzel die Teilnehmenden des Vortrags bei einer angeleiteten Achtsamkeitsmeditation darauf zu achten, welche Fähigkeiten und Qualitäten gerade geübt werden.

Die von den Zuhörer*innen gesammelten Begriffe bestätigen die Forschung von Hölzel – Begriffe wie Körperwahrnehmung, Konzentration, Akzeptanz, Verbundenheit, Bewusstheit werden genannt. Hölzel fasst sie in drei übergeordneten Kategorien zusammen: Emotionsregulation, Aufmerksamkeit, Perspektive auf sich selbst. Alles Fähigkeiten, die dazu beitragen uns selbst und herausfordernde Situationen regulieren zu können.

Forschung: Achtsamkeitstraining verändert das Gehirn

Die Forschung hat über das Bildgebende Verfahren des MRT feststellen können, dass beim „Gedankenwandern“, beim „Bemerken des Gedankenwanderns“ und beim „Fokus halten“ unterschiedliche Bereiche im Gehirn aktiv sind.

Nachgewiesen hat dies eine Studie von 2020 (Bauer, Gabriele et al.), erklärt Hölzel.

Gehirnaktivität

 

Hier wurden zwei Gruppen von 99 Schüler*innen einer sechsten Klasse einer Bostoner Schule nach dem Calmer-Choice- Programm acht Wochen lang viermal die Woche 45 Minuten lang in Achtsamkeit angeleitet, während die Kontrollgruppe wöchentlich viermal 45 Minuten in Programmieren unterrichtet wurde.

Im abschließenden MRT konnte bei der Gruppe, die den 8-wöchigen Achtsamkeitskurs gemacht hatte, nachgewiesen werden, dass sich die Fähigkeit verbesserte, vom Gedankenwandern zum gegenwärtigen Moment zurückzukehren.

„Die Korrelation zwischen Gedankenwandern und Fokus halten ist besonders wichtig. Denn je höher sie ist“ sagt Britta Hölzel, „desto kürzer ist das dem Menschen innewohnende Gedankenwandern und desto mehr Präsenz im gegenwärtigen Moment ergibt sich.“

Das Schönste an der Achtsamkeit…

Dr. Britta Hölzel erörtert noch viele weitere positive Einflüsse der Achtsamkeitspraxis, beispielsweise wie sie das Zusammenspiel des Präfrontalen Cortex und der Amygdala im Gehirn beeinflusst und damit die Stressregulation (Veränderung des Pulsschlags oder der Atmung, des Schwitzens oder der Muskelanspannung). Oder wie wir durch Meditieren die Graue Substanz unseres Gehirns vergrößern können, die nämlich bei Stress und unter zu viel Kortisol abgebaut wird.

Das Schönste an der ganzen Sache mit der Achtsamkeit ist für mich an dieser Stelle aber, dass Student*innen heute überhaupt so frühzeitig und viel leichter Zugang zu dem Wissen rund um Achtsamkeit bekommen können – eine Haltung, die so eine große Bedeutung für die eigene Lebensgestaltung und das Wohlbefinden haben kann.

Fazit: Mit Achtsamkeitstraining können wir jeder Lebensphase, ob angenehm oder schwierig, ein „Grundgefühl von Glück“ abgewinnen, so wie die Spaziergängerin im Wald behauptet grundsätzlich glücklich zu sein, obwohl sie derzeit öfter traurig ist. Sie ist offenbar ganz bei der Sache, bei sich und ihren Gefühlen – mit Neugier, Akzeptanz und Interesse.

Mona Kino

 

Dr. Britta Hölzel ist Diplom-Psychologin, Neurowissenschaftlerin, MBSR- und Yoga-Lehrerin. Als Wissenschaftlerin untersucht sie die neuronalen Mechanismen der Achtsamkeitsmeditation mittels magnetresonanztomographischer Aufnahmen. Die Ausbildung zur MBSR-Lehrerin erhielt sie an dem von Jon Kabat-Zinn gegründeten Center for Mindfulness an der University of Massachusetts Medical School. Mehr über Dr. Britta Hölzel finden Sie hier.

Weitere Informationen

Die Studierendeninitiative Mindful Students Regensburg bietet zum einen Online-Vorträge zum Thema Achtsamkeit und Meditation sowie wöchentliche Treffen mit Achtsamkeitspraxis in Präsenz in Regensburg oder online an. Updates und Infos über den Linktree der Mindful Students Regensburg.

Kooperationspartner der Initiative:

Green Office

UR alive

Verein für Achtsamkeit in Osterloh e.V.

Die Autorin und Familientherapeutin ist ausgebildet u.a. bei Jesper Juul und ist Teil der aus Dänemark stammenden Bewegung Training Empathy. Sie wirkt als Referentin beim AVE-geförderten Berliner Modellprojekt Empathie macht Schule mit. Mona Kino schreibt über Beziehungskompetenz und ein gutes Miteinander in Schule, Familie und Gesellschaft. Mona Kinos Buch "Zeit für Empathie" ist 2020 erschienen im Beltz Verlag. Mehr über Mona Kino finden Sie auf Ihrer Seite.

 

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  • Dr. Britta Hölzel: Julia Rotter
  • Gehirnaktivität beim Meditieren: Nekovarova et al., 2014
  • Mona Kino: Florian Hoffmeister