Hängematte

Pausenkultur im digitalen Zeitalter

Die TU Darmstadt zeigt, wie eine gesunde, lebendige Hochschulwelt im digitalen Zeitalter aussehen kann: Bewegte und achtsame Pausen werden künftig für die Gesunderhaltung immer wichtiger werden.

PORTAL FÜR ACHTSAMKEIT IN DER PÄDAGOGIK

Immer mehr Beschäftigte und Studierende an deutschen Hochschulen fühlen sich seit der Corona-Pandemie isoliert und abgehängt. Studienanfängern, die nur noch online lernen, fehlen lebendige Kontakte und der persönliche Austausch mit Kommilitonen. Auch eine gute Pausenkultur ist allein zu Hause schwieriger zu gestalten. Doch gerade hier braucht es gezielte Kurzpausen, um sich von den Lerninhalten zu distanzieren, den Kopf wieder frei zu machen und sich zu erholen.

Gesund studieren: Pausen und Bewegung

Die TU-Darmstadt macht unterstützende Angebote, um die Gesundheit von Student:innen und Mitarbeiter:innen zu fördern und hat dazu ganzheitliche Gesundheitskonzepte mit einer lebendigen Pausenkultur entwickelt. TU-Kanzler Manfred Efinger, selbst ein Freund von Achtsamkeitsverfahren: „Die Förderung einer gesunden Pausenkultur ist als ein dauerhafter Prozess anzusehen, der fortlaufend angepasst und in allen universitären Prozessen mitgedacht werden muss.“

Bereits seit 2016 existiert an der TU Darmstadt ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Erstmals 2021 wurde unter Federführung des Unisport-Zentrums ein Studentisches Gesundheitsmanagement (SGM) entwickelt. „Stundenlanges Sitzen vor dem Computer schreit nach Pausen und Bewegung“, so Annette Kunzendorf, die Direktorin des Unisport-Zentrums und Projektleiterin des SGM. Kunzendorf: „Das Projekt ´Mach mal Pause` ist ein eigenständiges Projekt des Unisport-Zentrums, mit dem alle Mitglieder der TU Darmstadt erreicht werden sollen.“

Das Projekt ist im Zusammenhang mit der Pandemie entstanden, weil vielen Studierenden und Beschäftigten das Pausemachen zu Hause häufig noch schwerer fällt als im normalen Studien- und Arbeitsalltag; oft fehlen schlicht die Ideen, wie man sich entspannen könnte. Deshalb hat Mitarbeiterin und Eventmanagerin Eva Münstermann nach Kooperationspartnern an der TU gesucht, die Pausenideen einbringen – mit großer Resonanz.

Mit Brahms im Hängemattenpark abhängen

Entstanden sind vielfältige Ideen, etwa ein Besuch im Kunstforum der TU oder die Grüne Mittagspause. Das Büro für Nachhaltigkeit bietet u. a. einen Rundgang zu nachhaltigen Orten auf den beiden Campi Stadtmitte und auf der Lichtwiese, ebenso ein Geocoaching. Hier erfahren Studenten Spannendes über die Regenwasserbewirtschaftung oder Mobilitätsangebote. Ganz nebenbei bieten diese Aktivitäten Raum, persönliche Kontakte zu knüpfen oder eine Mittagspause in Bewegung mit Leihfahrrädern zu gestalten.

Auch gibt es musikalische Stücke, die man bei einem Spaziergang im Schlossgraben oder entspannt im Hängemattenpark genießen kann. Gemeinsam mit dem Chor der TU hat das TU-Orchester eigens einen Podcast mit Werken von Johannes Brahms und Edvard Grieg aufgenommen. Alle Angebote sind kostenfrei. Die gesammelten vielfältigen Pausenangebote finden sich auf der neu gestalteten Homepage und sind leicht zugänglich (siehe unten).

Ideenwettbewerb zur Pausengestaltung

Im Herbst 2021 konnten alle Mitglieder der TU im Rahmen des zugehörigen Ideenwettbewerbs zusätzliche Ideen einbringen. Insgesamt sind 20 Vorschläge zur Pausengestaltung von Beschäftigten und Studierenden eingegangen, von denen acht prämiert wurden. Auffallend war, dass die Mehrzahl der Vorschläge ideenreiche Get-together-Pausenangebote zur Belebung von  zwischenmenschlichen Kontakten enthielt. „Jetzt wird der bunte Pausen-Blumenstrauß noch vielfältiger“, so Kunzendorf.

Das Studentische Gesundheitsmanagement (SGM) ist unter Federführung des Unisport-Zentrums und unabhängig vom Pausenprojekt 2021 auf die Schiene gesetzt worden. Damit hat sich die TU Darmstadt auf den Weg zu einer insgesamt gesundheitsfördernden Universität gemacht, weil nun alle Mitglieder der Universität in den „Gesundheitsfokus“ rücken.

Pause im Grünen

Eine erste Maßnahme war die Einführung des sogenannten „Study Fresh Up“, einer bewegten Kurzpause für virtuelle Lehrveranstaltungen, die Dozierende beim Unisport- Zentrum buchen können – und zwar als Video on demand oder als Zoom-Live-Angebot.

Für Beschäftigte gibt es seit 2014 ein ähnliches Angebot, das „Office Fresh Up“. Dabei handelt es sich um eine 15-minütige Bewegungspause in Büroeinheiten, in Normalzeiten live, zurzeit per Zoom. „In der Coronazeit haben wir außerdem bewegte Pausen in Gremiensitzungen, bei Team- Meetings und Tagungen angeboten, alle online“, so Kunzendorf.

Achtsame Pausenkultur

Für Beschäftigte an der TU Darmstadt hatte die Etablierung einer achtsamen Pausenkultur schon vor fünf Jahren begonnen. Damals hatte Elke Böhme, Leiterin des betrieblichen Gesundheitsmanagements, für 5000 Beschäftigte erste Angebote initiiert.

Bewusst förderte sie die Integration von achtsamkeitsbasierten Verfahren. So konnte Prof. Buchmann, ehemaliger Vizepräsident der TU und MBSR-Lehrer, bereits erfolgreich MBSR-Kurse durchführen. Angebote wie die halbstündige „Meditative Mittagspause“ und „Achtsam um 8“ als Start in den Tag, runden das Angebot ab.

Die Motivation von Gesundheitsmanagerin Elke Böhme: „Mit unseren achtsamen Pausenangeboten wollen wir gemeinsam aufgrund der zunehmenden Dynamisierung der Arbeitswelt bewusst dem Stresserleben auf der individuellen Ebene entgegenwirken.“ Gerade im Gesundheitsmanagement gilt es, den zunehmend psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu begegnen. Unterstützt wird Böhme von Kanzler Efinger, der sich bei Meditationen mit Mitarbeiter:innen schon auch mal mit auf die Matte setzt.

„Mein Wunsch wäre es, dass Achtsamkeit mehr in die Lehre reinwirkt.“ Angedacht wird auch eine Zertifizierung zur Achtsamen Hochschule oder mehr Ausbildungen zur achtsamen Hochschullehrer:in (Links weiter unten).

Im Studentischen wie im Betrieblichen Gesundheitsmanagement  geht es darum, mit den verschiedenen beteiligten Playern an der TU ein Netzwerk zu bilden. Auf diese Weise soll das Thema Gesundheit übergeordnet in alle Prozesse und Strukturen der Universität integriert werden. Im aktuellen Entwicklungsprozess der TU Darmstadt arbeiten Elke Böhme und Annette Kunzendorf mit vereinten Kräften darauf hin, dass das Thema Gesundheit ein eigenes Strategiefeld wird.

Zukunftsweisend zeigt die TU Darmstadt, wie eine lebendige Hochschulwelt im digitalen Zeitalter mit Pausengestaltung funktionieren kann. Projekte für bewegte und achtsame Pausen, die inspirieren und menschliche Kontakte fördern, werden künftig für die Gesunderhaltung im Digitalzeitalter überlebenswichtig sein.

Michaela Doepke

Mehr Informationen

Mehr Informationen über das Projekt „Mach mal Pause“ finden Sie hier.  Hier kommen Sie zum Gesundheitsmanagement (BGM) – TU Darmstadt.

Hier finden Sie Infos zum Netzwerk Achtsame Hochschulen und dazu wie man Achtsamkeitstrainer*in an der Uni werden kann.

Für mehr Pausen im Schulalltag

Michaela Doepke ist Journalistin im Netzwerk Ethik heute, Dozentin, Buchautorin und Achtsamkeitstrainerin in Unternehmen, im Gesundheitsbereich und in Kindergärten. Als MBSR- und Meditationslehrerin leitet sie Kurse in Deutschland und Österreich. Ihr Anliegen ist es, Achtsamkeit und Ethik in die Gesellschaft zu integrieren und Menschen einfühlsam zu unterstützen. Mehr über sie finden Sie hier.

 

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  • Hängematten-Pause: Björn Haug
  • Michaela Doepke: Joel Heyd