Krisenchat Whatsapp

Reden hilft

Mit Beginn der Pandemie sind für Jugendliche in Deutschland mehrere niedrigschwellige Gesprächsangebote online gegangen. Man holt sie dort ab, wo sie sich aufhalten: Am Smartphone per WhatsApp oder am Laptop im überregionalen Online-Café.

PORTAL FÜR ACHTSAMKEIT IN DER PÄDAGOGIK

Es ist erfreulich zu erleben, dass die Erfindung des Internets ein solches Engagement für Jugendliche, Eltern und pädagogisches Personal in Krisenzeiten ermöglicht. Die Online-Angebote werden gut angenommen, da die Hemmschwelle sinkt, wenn man einfach und anonym Hilfe in Anspruch nehmen kann. Die Ängste und Sorgen von Menschen werden bei den Beratungsstellen gesehen und gehört. Sie sind kein Stigma, sondern eine ganz normale Reaktion auf den sehr nervösen Planeten, auf dem wir derzeit nun einmal leben.

KindSpace – online Mental Health Cafés für Jugendliche

Im Oktober 2021 startete in München die Plattform KindSpace mit Online-Cafés für Jugendliche. KindSpace wird durch 15 ehrenamtliche Therapeut*innen, Coaches und Psychologie-Student*innen betrieben. Hier bieten sie Hilfe auf sozial-emotionaler Ebene an. KindSpace wendet sich über Schulen und Social Media an Jugendliche und deren Eltern, um sie an das Angebot heranzuführen. Die Gründerin Carlotta Glatzel sagt, dass die Idee für KindSpace tatsächlich schon vor Corona aufgrund des hohen Bedarfs entstanden sei.

Kindcafe„75% aller psychischen Erkrankungen beginnen im Jugendalter“, berichtet sie, „und seit Corona hat sich die Zahl der Depressionen im Jugendalter stark erhöht.“ Themen wie Ängste, Depressionen und Körperbildstörungen sind unter Jugendlichen stark stigmatisiert. Es ist wichtig, Jugendlichen einen sicheren Raum zu bieten, um über ihre Bedürfnisse und Herausforderungen zu sprechen, Unterstützung zu finden und so psychischen Erkrankungen vorzubeugen.

Seit dem Start haben über hundert Jugendliche aus allen Schulformen und unterschiedlichen sozio-ökonomischen Umständen teilgenommen. In den deutschlandweiten KindCafes, an denen Jugendliche per Videokonferenz für je 90 Minuten teilnehmen können, die anderen Teilnehmenden zuhören, sich vertraulich austauschen und Übungen lernen, die ihnen helfen mit ihren Ängsten und Sorgen umzugehen.

Das Münchener Projekt ist kein Ersatz für eine Therapie, aber ein Einstiegsangebot, um bei ersten Symptomen Unterstützung zu finden und Hinweise zu bekommen, wie man weitere Unterstützung (wie z. B. einen Therapieplatz) finden kann. „Ein wichtiger Erfolgsfaktor unseres Angebots“, sagt Carlotta Glatzel, „liegt in der Anonymität. Wenn die Jugendlichen sich untereinander nicht kennen, öffnen sie sich im sicheren Raum der KindCafes in der Regel auch zu stärker stigmatisierten Themen, das ermöglicht eine der wichtigsten Erkenntnisse für die Jugendlichen – mit den Problemen nicht allein zu sein.“

 

Krisenchat per Whatsapp

Krisenchat Team

Ein weiterer Anbieter ist Krisenchat, der per WhatsApp für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene 24/7 über das Handy oder den Laptop erreichbar ist. „Während des 1. Corona Lockdowns häuften sich“, so Krisenchat.de, „die Berichte über den Anstieg häuslicher Gewalt. Wir erkannten die Dringlichkeit der Situation und überlegten uns, wie wir den zu beobachtenden Entwicklungen entgegenwirken könnten. Um junge Menschen in Not effektiv erreichen und unterstützen zu können, war uns sofort klar, dass wir das am häufigsten genutzte Kommunikationstool der Zielgruppe verwenden müssen: Den Chat. Unser Angebot ist eine digitale, professionelle psychosoziale Beratung per Chat in Echtzeit, rund um die Uhr, ohne Registrierung, kostenlos und vertraulich.“

Seit Start im Mai 2020 gab es mehr als 40.000 Beratungen, bei denen von mehr als 350 Profis mehr als 1.5 Millionen Nachrichten geschrieben wurden. Die Themen der Jugendlichen sind dort die gleichen wie in den KindCafés: Ängste, Isolation, Einsamkeit, Überforderung und jetzt auch der Krieg in der Ukraine. Aktuell bietet Krisenchat seine Dienste auch für alle Helfenden an, die u.a. Flüchtlinge aufnehmen. Flyer zum Download für Schulen.

 

Auch das LMU Klinikum in München hat eine Webseite mit allem Wissenswerten rund um Corona, Notrufnummern, Übungen für Jugendliche und ihre Eltern ins Leben gerufen. Die Seite ist aus dem Projekt „ich bin alles“ heraus entstanden. Hier dreht sich alles um Depressionen bei Jugendlichen.

 

Krisenberatung vom DDIF für Familien

Als im März 2020 in Deutschland der erste Lockdown zur Eindämmung von Corona von der Bundesregierung beschlossen wurde, war das für etliche Menschen zu Beginn ein bisschen wie ein Extra-Urlaub. Von zu Hause arbeiten und in der Pause mal den Schrank ausmisten, anstatt in der U-Bahn oder im Auto Zeit beim Pendeln zu vergeuden.
„Doch für viele“, erzählt Christine Ordnung vom Deutsch-Dänischen Institut für Familientherapie in Berlin, „war es seit langem das erste Mal, dass sie mit denen, mit denen sie zusammen leben, soviel Zeit am Stück verbringen mussten. Zahlreichen wurde dann erst klar, wie klein die Wohnung ist, wenn der andere zur gleichen Zeit zu Hause am Arbeiten ist und sich drei Kinder einen Computer beim „Homeschooling“ teilen mussten.“

Christine Ordnung, die seit über fünfzehn Jahren Familien und Paare berät, dachte, „Kitas geschlossen, keine Schule. Eltern wird früher oder später die Decke auf den Kopf fallen und sie müssen mal reden.“ So ist ihre Hotline „Reden hilft“ entstanden. Und mit dem großen Anteil an freiwilligem Engagement der vielen Absolvent*innen der Familientherapie-Ausbildung an Christine Ordnungs Institut konnte die Nummer täglich angerufen werden. Auch im zweiten und jetzt dritten Pandemie-Jahr ist das Krisen-Telefon von Mittwoch bis Samstag von 10-12 und 19-23 Uhr besetzt.

 

Alle Links im Überblick

Reden hilft / Begleitung und Beratung für Erwachsene in schwierigen Situationen.

KindSpace / KindCafes /Austausch und Beratung für Jugendliche in Online-Cafés. Informationsmaterial zum Download

Krisenchat/ Unterstützung für Jugendliche per Whatsapp

Corona und Du/ Website für Jugendliche und Eltern mit Übungen, Notrufnummern und Infos

Ich bin alles/ Website für Jugendliche und Eltern mit Infos zum Thema Depressionen bei Kindern und Jugendlichen

Die Autorin und Familientherapeutin ist ausgebildet u.a. bei Jesper Juul und ist Teil der aus Dänemark stammenden Bewegung Training Empathy. Sie wirkt als Referentin beim AVE-geförderten Berliner Modellprojekt Empathie macht Schule mit. Mona Kino schreibt über Beziehungskompetenz und ein gutes Miteinander in Schule, Familie und Gesellschaft. Mona Kinos Buch "Zeit für Empathie" ist 2020 erschienen im Beltz Verlag. Mehr über Mona Kino finden Sie auf Ihrer Seite.

 

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  • Krisenchat Whatsapp: Krisenchat
  • Krisenchat Team: Krisenchat
  • Christine Ordnung: Privat
  • Mona Kino: Florian Hoffmeister