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Verbundenheit erleben in der Natur

Die Natur lädt uns ein, achtsam und lebendig zu sein, sagt Wildnispädagoge und Achtsamkeitstrainer Ralph Siebertz. In seiner Arbeit mit Kindern und Erzieher:innen fördert sein Ansatz die Erfahrung von Verbundenheit. Sarina Hassine stellt seine Arbeit vor.

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Ralph Siebertz, Wildnispädagoge und Achtsamkeitstrainer, arbeitet im Wald, in Kindergärten und Schulen und schafft dort Erfahrungsräume. In seiner Arbeit mit Kindern und Pädagog:innen fördert sein Ansatz die Erfahrung von Verbundenheit.

„In der Natur kannst du so sein, wie du bist. Hier gibt es keine Bewertung, keine Kritik. Außerdem kommt man leicht in die unmittelbare, sinnliche Erfahrung, ins Hier und Jetzt.“ Während seiner Ausbildung zum Wildnispädagogen 2012 macht seine Frau gerade einen MBSR-Kurs. „Da habe ich gemerkt, wie Achtsamkeit und Naturerfahrung sich gegenseitig bereichern.“

Foto: Ralph Siebertz im Wald
Ralph Siebertz mit Schulkindern im Wald

„Viele Menschen sehnen sich heute danach, wieder mehr im Einklang mit der Natur zu leben. Sie spüren die Entfremdung, die der Zivilisationsprozess hinterlassen hat.“ Für Kindergartengruppen bietet er zum Beispiel Wildnisprojekte an. „Die haben oft so eine Art Dichte-Stress, weil sie viel in drinnen spielen. Wenn wir dann in den Wald gehen, kann ich oft gar nicht so schnell gucken wie die auf den Bäumen sind oder im Laub herumtoben.“

Nachdem der Bewegungsdrang befriedigt ist, machen Erzieherinnen und Erzieher und Kinder gemeinsam Übungen wie zum Beispiel „Grünes Kino“: Dabei legen sie sich auf den Rücken und schauen Formen, Farben und Bewegungen der Blätter an. Sie spüren dabei in sich hinein und tauschen sich aus, wie es ihnen gerade geht. Bei einer anderen Übung sind sie ganz still und zählen die Geräusche, die sie hören können.

Achtsamkeit in der Natur zu unterrichten ist quasi ein Selbstläufer. Jeder Mensch hat von Natur aus die Fähigkeit zur Achtsamkeit. Im Wald wird das optimal unterstützt, da die Erfahrungen hier sehr sinnlich und unmittelbar wahrnehmbar sind. „Wenn es regnet, wird man nass. Dem einen wird kalt, der andere fühlt sich angenehm erfrischt. Man kann den Regen hören und sehen. Sogar riechen.“

Werden diese Erfahrungen durch eine Haltung der Achtsamkeit begleitet, können sie mit Neugier, Offenheit und Wertschätzung erlebt werden. Hier kann Neues entstehen oder tief im Menschlichen Verwurzeltes geweckt und gestärkt werden. Das macht Ralph Siebertz Arbeit aus. „Wir sind alle Teil der Natur. Auch wenn wir Handy, Tablet und Radio gleichzeitig anhaben.“

Gemeinsam entdecken, ausprobieren und beobachten

Den Erzieherinnen, Erziehern und Eltern rät er, den Kindern öfter die Führung zu überlassen. „Anstatt sie ständig anzuleiten sollte man sich lieber gemeinsam auf die gegenwärtigen Erfahrungen einlassen. Gemeinsam beobachten, ausprobieren, riechen, hören und sich auch mal schmutzig machen.“

Einige Erwachsene meinen, zu wenig Fachwissen über Bäume und Tiere zu haben. Das sei aber gar nicht entscheidend. Viel wichtiger sei es, mit den Kindern in eine Präsenz zu kommen, sich nicht ablenken zu lassen und Vertrauen in den Prozess zu entwickeln.

„Und es macht einen Unterschied, ob ich mich auch wie das Kind auf den Waldboden lege oder den Kindern sage, legt euch jetzt mal alle hin.“ Begegnung auf Augenhöhe, achtsam, im Wald. Da entsteht Verbundenheit zwischen Menschen, zwischen Mensch und Natur.

„Ich habe schon so viele glückliche Momente mit Kindern draußen erlebt: zu sehen, wie stolz sie dann ihre Eltern oder Geschwister mit in den Wald ziehen und ihnen zeigen, wo ein Reh sein Bett hatte, wie kuschelig die selbst gebaute Hütte ist, wie es sich anfühlt, an einem umgestürzten Baum zu hängen wie ein Faultier, welche Farben und Formen die Pilze haben, die überall wachsen, wie unterschiedlich das Harz der Nadelbäume riecht, was man zum Feuer machen braucht und wo man es findet. Und wie die Kinder es genießen, wenn wir ihnen etwas „Gefährliches“ zutrauen und sie ernst nehmen!“

Feuermachen
Hier machen die Kinder selbständig Feuer. Jeder macht sein Zundernest an und das kommt ins gemeinsam aufgebaute Feuer, sodass jeder zum Feuer beiträgt.

„Natürlich gibt auch diese „rosa Kinder“, die sehr auf Sauberkeit und Vorsicht erzogen sind. Aber auch die tauen auf. Die gehen dann auf Entdeckungstour und geben den Regenwürmern Namen.“ Ralph Siebertz lacht. Man merkt, wie glücklich ihn seine Arbeit macht. „Manchmal meditieren wir auch mit den Kleinen. Aber mir geht es nicht darum, dass alle irgendwann meditieren. Wir säen da eher Samen für einen bewussten Umgang mit sich und der Umwelt.“

Ralph Siebertz hat selbst zwei Kinder. Der beste Weg, die Erde zu schützen und der nachfolgenden Generation eine lebenswerte Zukunft zu sichern, sei es, sie heranzuführen und vertraut zu machen mit ihrer natürlichen Umgebung. „Wir schützen nur, was wir kennen. Manche Kinder fangen plötzlich von alleine an, im Wald Müll zu sammeln.“

Sarina Hassine

 

Foto: Ralph SiebertzRalph Siebertz ist Achtsamkeitslehrer und Wildnispädagoge. Er arbeitet mit Kindern und Pädagog*innen in Kita und Schule im Wald und an verschiedenen Grundschulen im Taunus. An der Silberbachschule hat er mit an dem Schulkonzept „Achtsame Schule“ gearbeitet. Ausbildungen: Wildnispädagogik Ausbildung (FH-Rhein-Main und Wildnisschule Weltenwandler), Achtsamkeitstrainer für Kinder und Jugendliche (Arbor Seminare und Akademie for Mindful Teaching, Bern CH) , Kursleiterausbildung für Elternkompass Kurse (Arbor Seminare, Freiburg) u.a. Mehr Infos finden Sie auf der Seite von Ralph Siebertz.

Weitere Informationen

Viele Wildnisschulen bieten Weiterbildungen an. Einige sind im Wildnisschulen Netzwerk organisiert.

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