Die MYRIAD-Studie

Es war für einige ein kleiner Schock, als im Juli 2022 die Studienergebnisse der weltweit größten Studie zu Achtsamkeit in der Schule veröffentlicht wurden. Prof. Katherine Weare von der Mindfulness Initiative hebt die positiven Ergebnisse hervor.

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Psychische Gesundheitsprobleme sind eine der weltweit größten Ursachen für Krankheiten, von denen jedes Jahr Hunderte Millionen Menschen weltweit betroffen sind und die erhebliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben. Diese Probleme beginnen oft in der Pubertät.

Die britische Organisation Myriad Research führte daher über einen Zeitraum von acht Jahren an insgesamt 100 Schulen im Vereinigten Königreich eine Studie durch, um herauszufinden, ob Achtsamkeitstrainings dazu beitragen können, die psychische Gesundheit von Jugendlichen positiv zu beeinflussen.

Ergebnisse der MYRIAD-Studie

Insgesamt 8376 Schüler*innen im Alter von elf bis 16 Jahren nahmen an der Studie teil. Das Projekt nennt sich MYRIAD (MY Resilience In Adolescence) und machte mit der Veröffentlichung der Studienergebnisse im Juli 2022 Schlagzeilen.

Denn die britischen Forscher*innen der bislang größten Studie in diesem Feld stellten fest, dass die achtsamkeitsbasierten Interventionen eher erfolglos waren. In der Auswertung nach einem Jahr fand man kaum messbare Unterschiede zwischen den Gruppen, die Achtsamkeit kennengelernt und praktiziert hatten und den Kontrollgruppen. Auf freiwilliger Basis hatten die Schüler*innen im Laufe eines Jahres insgesamt mindestens zehn Stunden „Achtsamkeitsunterricht“ und sollten die Techniken (Meditation, Bodyscan, achtsames Atmen, Essen uvm.) zu Hause regelmäßig üben.

Keine Senkung des Depressionsrisikos

Die in der Studie untersuchten Bereiche waren Depressionsrisiko, sozio-emotionales Verhalten und Wohlbefinden. Es gab keine Hinweise darauf, dass das verwendete Achtsamkeitstraining effektiver war als der an den Schulen übliche Unterricht für sozial-emotionale Kompetenzen.

Die meisten Schüler*innen besuchten in der Schule nur das Minimum an Stunden und übten zu Hause nicht. Obwohl sie mit den Grundlagen der Achtsamkeit vertraut gemacht wurden, fanden viele Schüler*innen die Technik nicht besonders wirksam.

Mit dem zunehmendem „Achtsamkeitsboom“ wurden in den letzten 20 Jahren weltweit über tausend Studien zur Wirksamkeit von Achtsamkeitstrainings bei Erwachsenen durchgeführt. Die überwiegend positiven Ergebnisse ließen hoffen, dass schulbasiertes Achtsamkeitstraining ein effektiver, kostengünstiger, zugänglicher und skalierbarer Weg sein könnte, um die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden im Jugendalter zu fördern.

Andere, kleinere Studie wie z. B. die von 2021 in Groß Britannien hatte zuvor die Hoffnung wachsen lassen: Insgesamt 1138 Kinder erhielten hier in der Schule Achtsamkeitstraining. Die Ergebnisse zeigten signifikante Verbesserungen nach der Durchführung der Intervention in folgenden Aspekten: positive emotionale Verfassung, positive Einstellung und Resilienz, wobei die Resilienzeffekte bei einer sechsmonatigen Nachuntersuchung erhalten blieben. Mehr Infos hier

Die Forscher*innen um Dr. Willem Kuyken von der Universität Oxford wie auch andere Exptert*innen in dem Feld waren überrascht. (In diesem Podcast diskutiert Dr. Kuyken die Ergebnisse der Studie.)

Das 6,4 Millionen Pounds teure Projekt wurde vom Wellcome Trust finanziert und lieferte 20 Millionen Datenpunkte. Neben den Schüler*innen waren auch über 650 Lehrkräfte und weiteres Schulpersonal in das Projekt involviert. Diese berichteten tatsächlich auch über positive Auswirkungen: Die Achtsamkeitspraxis half ihnen, Stress bei der Arbeit besser zu bewältigen.

Ein wichtiges Projekt

Das MYRIAD-Projekt sei trotz des ernüchternden Ergebnisses ein nützlicher Beitrag, schreibt Professor Katherine Weare, Leiterin der Bildungspolitik der britischen Initiative The Mindfulness Initiative und Expertin auf diesem Gebiet. Vor allem, weil man viel daraus lernen könne. „Die anfangs veröffentlichten vereinfachenden und abschätzigen Schlagzeilen waren jedoch unglücklich und irreführend. Sie spiegeln nicht die wichtigen positiven Ergebnisse der Studie zum Burnout von Lehrern und zum Schulklima wider, die für das Wohlbefinden und die Effektivität der Schule von entscheidender Bedeutung sind.“

Die britische Initiative unterstützt nachdrücklich die Forderung von MYRIAD nach mehr systemischen Ansätzen für psychische Gesundheit und Wohlbefinden in Schulen.

Sarina Hassine

 

Hier kommen Sie zur Seite des Projekts.

Einzelheiten zur statistischen Analyse finden Sie in den Originalarbeiten, die alle frei zugänglich in der Zeitschrift Evidence Based Mental Health verfügbar sind.

Ein Artikel auf dem Deutschen Schulportal bietet weitere Hinweise und Erkenntnisse zur Studien und zu weiteren Studien wie die zu AiSCHU und MAIDS. Hier lesen.

Myriad – Scheitern oder Chance?

Achtsamkeit – Möglichkeiten und Grenzen der Forschung

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  • Langeweile anstatt Achtsamkeit?: DragonImages / istock