Der Kino-Dokumentarfilm Teachers For Life, produziert vom AVE Institut, dreht sich um kein geringeres Thema als die Bildung der Zukunft. Wie kann unsere Bildung so erweitert werden, dass Achtsamkeit, Empathie, Persönlichkeitsentwicklung und Verantwortung für die Erde integriert werden?
Der Film begleitet Pädagog:innen bei ihrer Arbeit in Deutschland, England, Dänemark und Frankreich. Was sie eint ist, dass sie die Beziehung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Indem sie ihre ganze Persönlichkeit einbringen, unterstützen sie ihre Schützlinge darin, auch zu selbständigen Persönlichkeiten heranzuwachsen. Lernen aus Verbundenheit – so lautet der Untertitel von Teachers For Life.
Achtsamkeit als Schlüsselkompetenz
Produzent des Films ist das AVE Institut, das Hanna Paulmann 2018 gegründet hatte und das sich für einen Bewusstseinswandel in der Bildung einsetzt, in dem Achtsamkeit zentral ist. „Achtsamkeit hilft zu sehen, dass in der Welt alles mit allem verbunden ist“, beschreibt Paulmann ihr Anliegen.
Wer diese Verbundenheit spürt, engagiert sich und übernimmt an seinem Platz Verantwortung für die Welt um ihn herum. Dies schon Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, sehe ich als die Aufgabe des AVE Instituts.“
Der Kino-Dokumentarfilm soll ein breiteres Publikum, vor allem alle im pädagogischen Bereich tätigen Menschen für diese Idee begeistern. Mit Julian Wildgruber fand Hanna Paulmann einen Filmemacher, der ihre Überzeugung teilt: dass Achtsamkeit und Mitgefühl Schlüsselkompetenzen für gesellschaftliche Veränderungen sind.
Schon Wildgrubers Dokumentarfilm „From Business to Being“ von 2015 schaute hinter die Kulissen der Business-Welt und fragte: Kann Bewusstseinstraining dabei helfen, sich von Denk- und Handlungsmustern zu befreien, die sich destruktiv auf Menschen und Umwelt auswirken?
Eine ähnliche Frage leitet Wildgruber bei der Produktion von Teachers For Life: Wie können junge Menschen, unterstützt von Achtsamkeit, zu Persönlichkeiten heranwachsen, die sich verbunden fühlen und Verantwortung übernehmen? Hierfür sind Erwachsene wichtig, die ihnen den Weg bereiten, jedoch ohne ihn vorzugeben; die Verantwortung übernehmen, ohne einzuengen. Mit den Worten Wildgrubers: „Das so verstandene Lehrersein ist eine hohe Kunst und diese Kunst zu fördern und zu feiern, ist unser Anliegen.“
Die vier Protagonist:innen des Films
Fachliche Unterstützung erhielt Wildgruber von der Bildungsexpertin und Co-Regisseurin Kathrin Höckel. Sie hat lange bei der OECD in Paris gearbeitet und Regierungen in Bildungsfragen und zu Zukunftskompetenzen beraten sowie Aus- und Weiterbildungsformate entwickelt.
Während der Recherche trafen die beiden internationale Bildungsexperten und Pädagog:innen aus ganz Europa zu Gesprächen. So spürten sie die Protagonisten für den Film auf: den Lehrer Richard Dunne, die Familientherapeutin Helle Jensen, die Referendarin Lisa Viehoff aus Berlin und den Fußballtrainer Philippe Bretaud. So konnten sie ihr Ziel verwirklichen, einen lebendigen Schulalltag zu zeigen und Einblicke in die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen.
Für den Lehrer Richard Dunne ist die Kulisse des Mont Blanc-Massivs das beste Klassenzimmer der Welt. Er glaubt, dass die Schülerinnen und Schüler bei ihrer Bergwanderung und dem unmittelbaren Sehen eines vom Klimawandel bedrohten Gletschers Erfahrungen sammeln, die sie für einen nachhaltigen Umgang mit der Welt sensibilisieren.
Für die dänische Familientherapeutin Helle Jensen, die lange mit Jesper Juul gearbeitet hat, ist eine empathische Beziehung zwischen Lehrkräften und Schüler:innen zentral für das Lernen und die persönliche Entwicklung. Nur wenn Erwachsene sich selbst spüren, können sie sich auch mit den jungen Menschen verbinden.
Referendarin Lisa Viehoff macht mit ihrer Abiturklasse an einer Berliner Schule Achtsamkeitsübungen, um Stress und Prüfungsdruck abzubauen und besser mit sich selbst im Kontakt zu sein. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass Meditation in herausfordernden Lebenssituationen helfen kann. „Wenn man wirklich bei sich ist, klappen die Dinge viel besser. Dann ist man glücklicher und fühlt sich wohler,“ schildert sie ihre Erfahrung.
Philippe Bretaud hat schon Fußballstars wie Kylian Mbappé und Marcus Thuram trainiert. Er lehrt die begabtesten Nachwuchssportler des französischen Fußballs, ihre Emotionen zu regulieren, damit sie sich auf das Wesentliche fokussieren können. „Den richtigen Schlüssel zu finden, das muss jeder Pädagoge in sich haben, um jeden seiner Spieler zu fördern,“ ist er überzeugt.
Lehrende machen transformative Erfahrungen
Die Filmemacher haben ausführlich recherchiert, um diese Menschen ausfindig zu machen. „Wir haben diese Persönlichkeiten ausgewählt, weil sie alle ein Schlüsselerlebnis in ihrem Leben hatten. Sie sind sich ihrer eigenen traumatischen Erfahrungen oder Verletzungen bewusst geworden.“
Der französische Lehrer Philipe Bretaud etwa wollte Profifußballer werden. Doch obwohl er ein super Spieler war, sagten ihm die Trainer, dass er zu klein sei. Da ist sein ganz großer Lebenstraum geplatzt. Aber er konnte aus der Niederlage etwas Neues machen.
Die Lehrerin Lisa Viehoff aus Berlin hatte als Jugendliche eine Essstörung und ist über dieses Leiden zum Yoga und zur Achtsamkeitspraxis gekommen. Sie ist dadurch in Kontakt mit dem eigenen Körper, den Emotionen und den Gedanken gekommen und hat gelernt, mit Schwierigkeiten in ihrem Leben umzugehen.
Wir sind der Meinung, dass Lehrende besonders dann gute Lehrerpersönlichkeiten sind, wenn sie solche transformativen Erfahrungen machen“, so Wildgruber.
Die Bewusstheit, die sie gewonnen haben, vermitteln sie durch ihr ganzes Wesen und Wirken und können so aus dem Herzen lehren und die Herzen ihrer Schülerinnen und Schüler erreichen, wie Teachers for Life eindrucksvoll zeigt. „Ich möchte nicht, dass Kinder deprimiert von der Schule gehen. Sie sollen sie in dem Glauben verlassen, dass sie etwas bewirken können,“ bringt es Richard Dunne es auf den Punkt.
Der Dokumentarfilm ist langsam und ruhig erzählt. Ohne erklärende Stimme aus dem Off lässt er nur die Protagonisten in Interviews und bei ihrer Arbeit sowie die Bilder für sich sprechen. Große, längere Einstellungen laden ein, sich ganz auf die Situation einzulassen.
Eine Stimmung der Entschleunigung wird erzeugt. Die Botschaft des Films wird auf leise Art und Weise vermittelt: Bildung kann mehr sein als das, was in Schulen derzeit stattfindet. Die Dokumentation regt zum Nachdenken an, ohne anzuklagen oder zu diskutieren.
Birgit Stratmann
Weitere Infos und Artikel zum Film
Hier kommen Sie auf die offizielle Website des Films.
Den Film anschauen – für Pädagog*innen bzw. Bildungseinrichtungen kostenlos.Hier kommen Sie zur AVE Lernplattform.
Falls Sie sich den Film gern als Privatperson anschauen möchten, besteht die Möglichkeit, ihn als Video on demand auf den gängigen Streamingplattformen anzuschauen.
Wir haben mit der Protagonistin Lisa Viehoff gesprochen:
Unsere offizielle Beitragsseite mit allen Infos zum Film: